Monat: April 2018

  • Digitalisierung: Jetzt erwischt es die Frauen

    Digitalisierung: Jetzt erwischt es die Frauen

    Den allumfassenden Charakter der Digitalisierung stellt eigentlich niemand in Frage. Es wurden Produkte, Prozesse und Professionen betrachtet und bewertet. Ganze Branchen werden in Frage gestellt. Es geht um Alter und Bildungsabschlüsse der Belegschaft. Bei allen soziologischen Betrachtungen rückt irgendwann das Geschlecht in den Betrachtungswinkel – es scheint immer noch eine der augenscheinlichsten Variablen zu sein, die unsere Welt einteilen.

    Man könnte hoffen, dass dies nicht mehr zeitgemäß sei, aber es gilt auch für die Digitalisierung und die zukünftige Arbeit in der Welt von Morgen. Aktuell rückte dies eine Untersuchung des WEF in Zusammenarbeit mit der Boston Consulting Group im Januar 2018 in den Fokus. Im Vorfeld des Weltwirtschaftsgipfels in Davos wurde die Studie „Towards a Reskilling Revolution. A Future of Jobs for All“ veröffentlicht, in der es im Kern eigentlich nicht um Geschlechter-Rollen geht, sondern um – wie es im Vorwort von Klaus Schwab heißt –  „a new approach to identifying reskilling and job transition opportunities, including those that might not be immediately apparent.“ (S. 1)

    Auf Basis US-amerikanischer Arbeitsmarkt-Daten wurde mit einem Big-Data-Analyse-Verfahren versucht „to break down jobs into a series of relevant, measurable component parts in order to then systematically compare them and identify any gaps in knowledge, skills and experience.“ (S. 4) So konnte man Berufsgruppen und Arbeitsfelder identifizieren, die vergleichbare Qualifikationen erfordern. Im Falle von Veränderungen des Arbeitsmarktes durch zum Beispiel Digitalisierung lässt sich dann zeigen, mit welchen Aufwand welche Arbeitskräfte aus wegfallenden Berufsfeldern in wachsende Arbeitsbereiche wechseln könnten: „Therefore, the core of our data-driven approach to assessing the viability of a job transition consists of calculating the similarity between the requirements of two jobs in order to compute an objective ‘similarity score’ between them.“ (ebd.) Bei einem ‚good fit‘ dürften die Umschulungsaufwände geringer sein.

    Gut 1,4 Millionen Jobs seien in den USA durch die fortschreitende Digitalisierung bedroht, in denen aktuell mehrheitlich Frauen (zu 57%) beschäftigt sind (vgl. S. 13). Hier sind vor allem das Gesundheitswesen, die Buchhaltung, die Gastronomie und Erziehungsberufe zu nennen. Für einen passenden Jobwechsel (‚good fit‘) böten sich ohne weitere Umschulungsmaßnahmen für Männer jedoch mehr Wechseloptionen als für Frauen an. Vor diesem Hintergrund könnten Frauen zu den Verliererinnen der Digitalisierung gehören.

    Spiegel-Online stellte diesen Aspekt in den Vordergrund und titelte am 22.01.2018: „Digitalisierung gefährdet vor allem Jobs von Frauen.“ Die FAZ relativierte diese Aussage am Folgetag und stellte die Frage: „Digitalisierung: Leiden Frauen oder Männer?“ Die Antwort war recht simple (und logisch): Eigentlich beide. Hintergrund der Frage war, dass zeitgleich zu der WEF Studie eine andere Studie prognostizierte, dass Computer vor allem die Arbeitsplätze von Männer gefährden würden. Eines hätten beide Studien auf jeden Fall gemeinsam: „Sie sind Prognosen, es ist noch nichts eingetreten.“

    Letztendlich läuft es darauf hinaus, dass viele von Männern dominierten Berufsfelder bereits erste Automatisierungs- und Digitalisierungswellen durchlebt haben und künftig nun eher Berufsfelder in den Fokus rücken, die eher von Frauen besetzt sind. Das Fazit gibt auch die Richtung vor: „Diese Arbeitsmarktentwicklung passt zu einem Trend, der in den vergangenen Jahren deutlich wurde: körperliche und technische Arbeit wurde zum Teil zwar noch hoch bezahlt, deutlich wurde aber auch schon, dass angesichts des technischen Fortschritts soziale Fähigkeiten wichtiger wurden – Fähigkeiten, die eher den Berufen zugeschrieben werden, die oft von Frauen ausgeübt werden.“

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  • Online-Überweisungen spalten die Nation

    Online-Überweisungen spalten die Nation

    Müssen wir uns Sorgen um den Standort Deutschland machen? Die Digitalkompetenz innerhalb der deutschen Bevölkerung reicht nicht sehr weit, um das „Neuland“ zu erobern. Darauf verweisen zumindest die Zahlen aus dem D21-DIGITAL-INDEX, die statista.de zu einer Infografik zusammengefasst hat, die seit ein paar Tagen in Social Media rauf- und runtergeteilt wird.

    Erst wollte ich diese auch nur „re-tweeten“, dann habe ich mir die Zahlen noch mal genauer angesehen und mir gedacht, dass man hier vermutlich mehr als 240 Zeichen Kommentierung spendieren sollte. Die Liste der „Kompetenzen“ ist eher kleinteilig und umfasst eher „Können“ (als eingeübte Lösungen) als „Kompetenzen“, die eher Lösungsfähigkeiten abzielen. So ist zum Beispiel fraglich ob ‚regelmäßige Updates von Antivirensoftware‘ sowie der ‚regelmäßige Password-Wechsel‘ tatsächlich Kompetenzen im engeren Sinne sind oder nicht nur Ausprägungen eines dahinter stehenden Kompetenzfeldes wie „Sicherheitsbewusstsein“ sind.

    Aber das sind nur Mutmaßungen – die Infografik gibt keine weitergehende Hinweise. Es lässt sich auch vermuten, dass hinter der Verteilung eine kontrollierende Drittvariable steckt: Ich denke, dass hier das Alter der Befragten eine große Rolle gespielt hat, ob und welche Kompetenzen sie bei sich im Umgang mit digitalen Medien selbst zu schreiben – mit allen empirischen Risiken die Studien mit Selbsteinschätzungen an sich bergen.

    Mindestens ein Drittel der Befragten kann so gut wie gar nichts online: Im Segment „niedrige/keine Kompetenz“ liegt der geringste Anteil bei 26, der Höchste bei 81. Bereits bei Online-Überweisungen endet die Digitalkompetenz der Hälfte der Deutschen.

    Nur jeder Zweite schätzt sich in der Lage Inhalte in soziale Netzwerke einzustellen – man sollte meinen, dass das inzwischen einfacher als Lesen und Schreiben sei. Um so überraschender empfinde ich den verhältnismäßig hohen Anteil von Personen, die meinen, Werbung erkennen zu können – aber Selbstüberschätzung ist bei Selbsteinschätzung auch nicht ungewöhnlich.

    Tatsächlich, weiß ich nicht was diese Daten eigentlich sagen: Zum einen dokumentieren sie sicher einen hohen Grad an Unsicherheit mit digitalen Medien. Zum anderen gibt es scheinbar noch jede Menge zu tun…

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