Jahr: 2011

  • Die Sache mit der falschen Fleischwurst

    Die Sache mit der falschen Fleischwurst

    Ich bin in diesem Blog stets bemueht ausschließlich eigenes Material zu verwenden oder die Quellen klar zu kennzeichnen. Wenn dies an einigen Stellen nicht so gut geglungen sein sollte, dann handelt es sich um eher um Flüchtig- oder Nachlässigkeit als um Vorsatz.

    Vor über zwei Jahren hatte ich hier einen Beitrag über Fleischwurst-Präferenzen beim Nachwuchs veröffentlicht. Bebildert hatte ich den Beitrag mit einem Foto einer Fleischwurst, das ich aus dem Netz hatte, von dem ich aber glaubte, dass es verwendet werden durfte. Vor ein paar Tagen erhielt ich eine automatisierte Mail des Plattformbetreibers, dass man diesen Beitrag wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht offline gestellt habe.

    Ich habe erst gar nicht genau verstanden, worum es geht und dachte es könnte vielleicht daranliegen, dass in der Überschrift des Beitrages das Wort „geil“ zu finden ist und ich bei den Metadaten „keine Altersbeschränkung“ gewählt hatte. Aber nein, es ging um das Fleischwurst-Bild, dass aus dem betreffenden Beitrag bereits gelöscht war.

    So ganz nach vollziehbar war das alles nicht, weil der ganze Vorgang auf US-amerikanischen Recht basiert und alles, was es darüber zu lesen gibt, ist in Englisch. Wenn es um juristische Spitzfindigkeiten geht, verlässt mich mein Alltags- und Small-talk-Englisch zusehends und auch auf E-Mail-Nachfrage erhielt ich auch keine Antwort.

    Ich habe nun unsere Fleischwurst auf unserem Küchentisch fotografiert, das Bild im beanstandeten Beitrag ausgewechselt und hoffe nun damit, auf der rechtlich sicheren Seite zu sein.

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter http://www.vatertage.net/sinn-und-zweck-11-die-sache-mit-der-falschen-fleischwurst/

  • Das Fleischauto

    Das Fleischauto

    Es war wieder einmal mal Wochenende, als mein größerer Sohn sagt: „Papa, ich will ein Auto bemalen.“ Nun hatte ich kein bemalbares Auto griffbereit, aber einen Bogen Pappe und eine Schere.

    Freihändig zeichnete ich die Seitenansicht auf ein kindgerechtes Auto und vervollständigte sie ohne Lineal, Winkelmaß und Hilfslinien zu einem vollständigen Autofaltbogen (wobei ich leider nicht an die Klebekanten dachte). Ausgeschnitten und gefalzt ergab es tatsächlich ein Auto und ich muss zugeben auch ein bisschen stolz zu sein, dass so einfach „aus der Hand“ hinbekommen zu haben. Das ist meinem Sohn egal, denn es ging ihm ja ohnehin nur um Dekorieren.

    Also überließ ich im die Wahl, was er aus den Supermarkt-Prospekten zum Dekorieren verwenden wollte – er entschied sich für Fleisch! Da hilft auch nicht, dass wir auf einen der hinteren Kotflügel einen Guggelhopf im Glas und eine Scheibe Brot verbauen. Am Ende kleben wir noch Gesichter auf die Fensterflächen des rollenden Fleischmasse, aber das macht es auch nicht viel besser. Aber mal ganz ehrlich: Mir sind Fleischberge lieber als Ponys, Schmetterlinge und pinke Elfen. Ein bisschen stolz bin ich schon auf meinen Sohn für sein sichere Händchen beim Dekorieren.

    Dieser Beitrag ist zuerst erschienen unter http://www.vatertage.net/basteln-9-das-fleischauto/

  • Berufsnörgler

    Berufsnörgler

    Neulich stieß ich im Bücherladen auf den provokanten Titel „Kinderkacke“. Der spontane Blick ins Buch ließ mich im Abschnitt „Sonntag mit Schrecken“ (S. 147ff) landen und die Schilderung der Angst der Eltern vor dem Wochenende traf einen leidgeplaten Nerv.

    Leider traf dann die vollständige Lektüre ein ganzes Bündel Nerven, weil die fortgesetzte Lektüre genau auf die selben ging. Ein Berliner Elternpaar, dass in den hedoistisch geprägten 1990er Jahre jung war (Gerhard Schulzes „Erlebnisgesellschaft“ lässt grüßen) findet alles Familiäre doof, weil es keinen Spaß macht. Jedem, der seine Kinder liebt, gehen die kleinen Monster auch irgendwann gewaltig auf den Keks und wer anders behauptet, der lügt.

    Das lässt sich auch sicher in einen lockeren Text verpacken. Was aber aus der lockeren Verpackung der „Kinderkacke“ quillt, ist tatsächlich an vielen Stellen eine solche. Die Idee als Mutter und Vater in verteilten Rollen aus der jeweiligen Perspektive zu schreiben hat einen gewissen Charme. Auch das aus dem Bayerischen bekannte chronische „Granteln“ ist ein unterhaltsames, denn überhöhendes Stilelement. So was kann als Serie episodisch unterhaltsam sein, aber in einem Buch hintereinanderweg macht es eher schlechte Laune.

    Frustriert die Welt anzugiften, wäscht sich aber recht schnell aus: Das Elterngeld ist Mist, die Arbeits- und Betreuungsmöglichkeiten sind Mist, Bahnfahren ist Mist, das Diktat der Modeindustrie ist Mist, Wohneigentum ist Mist und die eigenen Eltern nerven. Die Liste klingt sehr pubertär und das immer die anderen oder die allgemeinen Bedingungen schuld an der Misere sind, wirkt ebenfalls so. Dabei hat der unzufriedende Papa eine Saisonkarte fürs Fußballstadion, geht morgens joggen und hängt abends mit Freunden in der Kneipe oder auf Parties ab und hat in seinem Arbeitszimmer ein kleines Tonstudio. Alles Dinge, von denen die meisten anderen Väter (und Mütter) nur träumen können – und trotzdem sind sie nicht so unzufrieden wie die Autoren.

    Erst habe ich mich geärgert, dann taten sie mir leid. Erst wollte ich ihnen (virtuell) eine kleben, nun möchte ich sie nur noch drücken. Aber es gibt ja auch einiges gut Gemeintes im an so vielen Stellen weniger gut Gemachten. So schreibt Thomas über die Rolle der neuen Väter: „Wir sind gerade erst im Mittelalter der Vaterschaft angekommen. Auf Renaissance und Aufklärung warten wir noch vergeblich.“ (S. 174) Das ist ein starke Metapher, aber irgendwie bringe ich mehr Verständnis für die Schilderungen von Julia auf. Auch hier mangelt es nicht an guten Sequenzen: „Das Leben mit Kind gleicht einem mafiösen System von Erpressungen un Bestechungen.“ (S. 127) Richtig gelungen ist jedenfalls das Fazit der gemeisamen Schreibarbeit: „[E]s gibt eine Sache, die viel blöder ist, als Kinder zu haben, und das ist: keine Kinder zu haben.“ (S. 218)

    Ein Projekt, das so polarisierend wirkt, dass ich mich richtig lang und breit dazu auslasse, kann dann gar nicht verkehrt gewesen sein – zumindest hat es ja Wirkung erzeugt.

    Das Buch bei Amazon

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter http://www.vatertage.net/papier-ist-geduldig-8-berufsnoergler/

  • Partzipienreiter

    Partzipienreiter

    Die Partizipbildung im Deutschen ist gar nicht so leicht und manchmal auch nicht ganz logisch. Bei Kindern im beginnenden Kindergartenalter sorgt für die schönsten Stilblüten. Mir gefiel schon seit längerer Zeit die Wortbildung „gebest“, die sich von Besen ableitet und meint eigentlich „gefegt“. Im vollständigem Satz: „Hast Du schon die Krümel unter dem Tisch weggebest?“

    Ein neuerliches Highlight ist „geschleift“ als Ableitung von „eine Schleife gebunden“. Im vollständigem Satz: „Papa, hast Du schon gesehen wie schön die Verkäuferin das Band an das Geschenk geschleift hat?“

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter http://www.vatertage.net/alltag-51-partzipienreiter/

  • Kuschelgemüse

    Kuschelgemüse

    Wenn man sieht, wie intensiv sich Kleinkinder mit Alltäglichem beschäftigen können, kann man sehr schnell auf Ideen kommen. So ging es mir, als ich vor längerer Zeit meinen Sohn mit einer Lauchstange beobachtete. Das Gemüse hat haptisch einiges zu bieten: Der Schaft ist glatt und lang, die Blätter kantig, aber biegsam und die Wurzeln kitzeln wie eine kleine Bürste.

    Da habe ich mir gedacht: Die Welt wäre reicher, gäbe es Kuschelgemüse. Natürlich habe ich da noch nicht geahnt, wie reich die Welt schon lange ist, denn Kuschelgemüse gibt es natürlich schon längst – wie es eigentlich schon alles gibt, von dem man meint, es müsste mal erfunden werden.

    Es kommt von der japanischen Kaufhauskette Muji und sieht leider gar nicht so aus, wie es prototypisch entwurfen hätte. Beim Kohl und Lauch kann man nicht auf Anhieb erkennen, was es sein soll, was bei Pilz und Karotte einfacher fällt. Und rasseln tut alles auch noch.

    Hier wurde meiner Meinung erlebnispädagogisches Potenzial verschenkt. Aber was soll’s: Mein Kuschelgemüse hätte ich auch nicht zum vergleichbaren Preis auf den Markt schmeißen können und es spricht ja auch eigentlich nichts dagegen, dass Kinder auch mit echten Gemüse kuscheln – muss halt nur regelmäßig getauscht werden und in die Suppe wandern, wenn es welk wird.

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter http://www.vatertage.net/alltag-44-kuschelgemuese/