„In erster Linie sehr viele Nerven ….“ werden sicherlich etliche weibliche Leserinnen denken. Aber hier geht es tatsächlich um Geld und konkrete Summen.
Spoiler: Männer kosten der Gesellschaft über 60 Milliarden Euro zusätzlich – also nur in Deutschland, auch nur konservativ überschlagen und nur einberechnet, wovon überhaupt Zahlen direkter Kosten vorliegen.
Bei den messbaren Kosten geht es um Haftstrafen, häusliche Gewalt, Drogenkomsum, Diebstahl, Wirtschaftskriminalität, ungesunde Ernährung, Fußball-Randale und Verkehrs-Rowdietum. In all diesen Felder haben die Herren der Schöpfung die Nase ganz weit vorne. Der Anteil den Frauen an diesen volkswirtschaftlichen Schäden haben ist eher gering und in Berechnungen des Buches bereits abgezogen.
Hinzu kommen noch indirekte Kosten: Durch Ausfälle am Arbeitsmarkt durch Krankheit, Verletzung oder Haft und natürlich auch die Schädigung anderer durch dieses Verhalten. Dessen Ursachen der Autor Boris von Heesen zur recht im Patriarchat und den überlieferten Rollenbildern von Männern und Frauen sieht. Die „harten Männer“ benehmen sich wie die „wilden Kerle“ und hauen alles zu klump. Das kostet der Gesellschaft einiges. Das ist kreass zu lesen und auch gut und nachvollziehbar mit Quellen belegt.
So weit die ersten beiden Teile. Im 3. Teil des Buches geht es darum, was man dagegen machen könnte. Ich denke an dem Punkt, dass wir überkommene Rollenbilder aufweichen und auflösen sollten, darin kann man sich schnell einig werden. Das es dabei auch um die Anerkennung derzeit nach vorrangig von Frauen besetzten Berufsrollen geht, ist auch nachvollziehbar. Schwieriger wird es, wie man den Wandel in die Köpfe bekommen soll: Der Autor schlägt dafür in erster Linie Verbände und Lobbyarbeit vor. Beratung und Politik sollten das Umfeld schaffen, in dem die Bevölkerung dazu bereit wäre, sich neuen Rollen und Regeln zu öffnen. (Gegen-) Finanziert wird das mit dem Geld, was dann weniger für patriarchatsbedingten Kosten ausgegeben werden müssen – also wird es durch Einsparungen nachträglich finanziert. Das sind immer schwierige Rahmenbedingungen – vor allem in einem Umfeld, in dem Lust auf Diversity, Wokeness und Queerness immer weiter zurückgeht und viele gesellschaftlichen Gruppen glauben, die alten Rollenbilder für sich neu entdeckt zu haben.
Während sich insbesondere der erste (zahlengetriebene) Teil wie eine spannende Doku lesen lässt, ist insbesondere der dritte Teil eher ein utopischer Traum einer besseren und gerechteren Welt, die viele Kräfte aber nicht unbedingt haben, wenn sie glauben dadurch ihre Privillegien aufgeben zu müssen.
Und vermutlich lesen ohnehin nur Männer, die bereits jenseits der tradierten Rollenbilder leben, überhaupt nur dieses Buch: Männer, die sich Väter einbringen, ihre Arbeitszeiten reduziert haben, damit Ehefrauen und Partnerinnen Anschluss im Job behalten, die eher Fahrrad und Öffis anstatt Auto fahren und nicht jeden Samstag stockbesoffen im Stadion die Fans der Gegenmannschaft verprügeln. Dann kann man das Buch als eine Art Schulterklopfen lesen, aber andere, die sich für solche Themen ohnehin nicht interessieren, werden auch nicht mit diesem Buch erreicht.