Wer mich kennt, der weiß, dass ich kein Freund pauschaler Kollektivverbrüderung bin: Plumpes Spontan-Geduze geht mir gegen den Strich. Besuche im Fitness-Center werden so zum Spießrutenlauf und Einkäufe bei IKEA zu Horrortrips zwischen Holzregalen. Und ausgerechnet ich, der ich immer eher auf ein solides „Sie“ anstatt eines dusseligen „Du“ setze, habe via Twitter zur „Duz-Revolution“ aufgerufen. Was ist passiert?
Eigentlich nicht viel. Und direkt mit mir hat es auch nicht zu tun. Wir haben im Büro diskutiert: „He, wie sprechen wir eigentlich unsere Fans und Follower auf Facebook und Twitter an? ‚Du‘ oder ‚Sie‘?“ „Na, ja, ist ja Social Media als doch ‚Du‘.“ Kollektives Nicken im Team. Pause. Dann die ketzerische Rückfrage: „Aber warum siezen wir dann auf der Website?“ Schulterzucken. Ratlosigkeit.
Das „Du“ ist der Reflex, wenn man Social Media nur erwähnt. Kann man ja alles machen, wenn man möchte. Aber es ist nicht konsequent und führt zu unnötigen Brüchen, im Kundendialog. Was ändert sich an der Nutzer-Beziehung in dem Moment, in dem er auf der Website auf den Button „Folgen Sie uns auf Twitter“ klickt, so dass er im nächsten Augenblick in Social Media ein „Du“ geworden ist? Ehrlich gesagt, doch gar nichts, oder? Sind die Sharing-Button wie die Eingangstür bei IKEA oder der Tresen im Fitness-Studio, wo jeder ebenfalls zum „Du“ wird, der direkt davor noch ein „Sie“ war?
Vielleicht sind die Nutzergruppen der Website und der Social Media Kanäle nicht völlig identisch, aber die Überschneidungen dürften schon groß sein. Also dann doch lieber auch bei Facebook, Twitter und Co. siezen? Die Konsequenz kann auch eine andere sein: Radikales Durchgeduze auf allen Kanälen. So wie es heutzutage de facto ja in jedem Büro schon üblich ist. Die „Duz-Revolution“ aller Orten – sei auch Du dabei! Lasst euch alle duzen!
Aber wer mag, darf mich gerne auch siezen – ich sieze gerne auch zurück.
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Was Gartner kann, kann ich schon lange – dachte ich. Am 6. Oktober 2015 veröffentlichte das Marktforschungsinstitut die „Top 10 Strategic Technology Trends for 2016„. Als da wären:
Der Geräte-Mix („Device-Mesh“)
Umgebungserfassung
3D-Druck
Informationsflut („Information of Everything“)
Smarte Maschinen
Autonome Agenten und Dinge
Adaptive Security-Architekturen
Verbesserte System-Architekturen
App- und Service-Architekturen
Internet der Dinge (IoT)
Nicht alles davon kommt aus der Glasklugel – vieles lag einfach auf der Straße und musste nur aufgesammelt werden. Vermutlich hätte ich das ein oder andere auch auf meinem Zettel gehabt, aber ich befasse mich im Besonderen auch eher mit den kommunikativen Aspekten als mit IT Technologie im Allgemeinen.
Wer sich ebenfalls mit Digitalkommunikation befasst, wird um folgende fünf Trends nicht herumkommen – im Gegenteil: Sich mit Ihnen zu befassen, kann in einigen Fällen auch zu strategischen Vorsprüngen führen. Manche Trends sind sehr naheliegend, andere eventuell streitbar – alle aber diskussionswürdig. Ich freue mich daher auf Rückmeldungen.
Das Medium sei die Botschaft, behauptete Marshall McLuhan und lag damit für seine Zeit ganz weit vorne. Obwohl er eher das TV im Blickfeld hatte, scheint seine These zum Internet und zur Online-Kommunikation um so treffender zu passen: Dabei sein war alles! Allein, dass man über die „Neuen Medien“ kommunizierte, enthielt die Meta-Botschaft der Anschlussfähigkeit an die Zukunft.
Social Media erhöhte die Dynamik: Ein neues Netzwerk in der Beta-Phase? Her mit dem „Invite“, ich muss dabei sein, auch wenn dort noch niemand ist, mit dem ich mich vernetzen könnte. Wenn ich twittere, facebooke, instagramme, dann verjünge ich mich digital – Inhalte spielen dabei keine Rolle.
Und dennoch fällt auf: Das öffentliche Rennen um den ersten Preis der Belanglosigkeiten verliert etwas an Dynamik. Die nachwachsenden ‚Digital Natives‘ toben sich weniger öffentlich aus als ihre Eltern. Beliebte Tools wie Snapchat archivieren ihr Geplauder genauso wenig wie früher der Schwatz am Dorfbrunnen mitgeschnitten und vor aller Welt präsentiert wurde. Wer nicht dabei war, hat es verpasst. In den Whatsapp-Gruppen sind nur ausgewählte Kontakte und andere geht es nichts an.
Es scheint, als ginge es weniger um den Aufbau einer digitalen Scheinrepräsentation. Plattformen und Kanäle werden wieder als das gewählt, was sie leisten sollen: Nämlich Botschaften zu transportieren. Zielgruppen wählen ihre Medien zukünftiger weniger nach dem aus, wofür sie stehen, sondern danach, dass sie die Nutzerbedürfnisse am besten erfüllen. Der Nutzer entdeckt das Medium wieder – und pfeift mitunter auf die Botschaft, die ihm zugeschrieben wurde. Künftig bestimmt weniger das Design das Bewusstsein, sondern die Form folgt der Funktion. Und weil verschiedenste Nutzer verschiedenste Bedürfnisse haben, wird sich die Anzahl der Plattformen und Kanäle vervielfältigen.
Massenmedien adressieren per Definition ein heterogenes, disperses Publikum – also eine große Anzahl lauter verschiedener Typen, die nicht anwesend sind. Die Anzahl der Kanäle war technisch und wirtschaftlich begrenzt und wer die Massen erreichen wollte, musste über diese Medien gehen. Für Kommunikationsexperten in Organisationen bedeutet dies gute Beziehungen zu Medienvertretern zu halten. Die einen unterstellten der PR dabei Determinierung, andere sprachen von Intereffikation als gegenseitige Beeinflussung.
Das Internet und Social Media machten die Welt bunter – vor allem vielfältiger: Die Medien als Multiplikatoren zur Masse wurden nicht mehr benötigt, die Organisationen konnten direkt mit ihren Zielgruppen in Kontakt treten. So lange man über reichweitenstarke Kanäle und Plattformen glaubte, „die Masse“ weiterhin erreichen zu können, war die Welt noch in Ordnung.
Nun, wenn Facebook ein Land wäre, dann blablabla… Aber die meisten Kanäle und Plattformen sind kleiner und spezialisierter. Wer mitreden und gehört werden will, muss dazu gehören. Auf einmal sind die Massen weg, über die man Botschaften ausgießen könnte. Der künftige Erfolgsschlüssel ist teilhabende Kommunikation in begrenzten Communities. Das erfordert Knowhow und Ressourcen – gut für Experten der Digitalkommunikation, schlechter für Organisationen, die Reichweite wollen: Mehr Social Media Manager werden kleiner Zielgruppen bearbeiten.
Die neue Unübersichtlichkeit macht aber nicht nur der professionellen Organisationskommunikation zu schaffen, sondern auch der private Nutzer steht zusehends unter sozialem Kommunikationsstress seine verschiedenen Präsenzen und Profile adäquat zu verwalten und zu befüllen.
Ein Tool zum Personal Digital Identity Management muss her! Es muss nicht zwangsläufig auf ein einzelnes, zentrales Profil hinauslaufen: Es können auch Werkzeuge sein, die vergleichbare Dienste bündeln – so wie man zum Beispiel aus instagram gleichzeitig in allen gängigen sozialen Netzwerken gleichzeitig einen identischen Post veröffentlichen kann.
Diese recht plumpe Vererbungslogik wird künftig von smarten Agenten übernommen: Sie lassen den selben Content in verschiedenen Plattformen so erscheinen, als wäre er für diese konzipiert. Vielleicht stellen die Nutzer künftig Content nur noch her und überlassen es ihren smarten Agenten als lernendes System diesen für sie angemessen zu publizieren und zu verbreiten.
Im Prinzip die Umkehrung von simplen Aggregatoren die eingehende Benachrichtigungen aus verschiedensten (sozialen) Netzwerken chronologisch als einen „Live“-Stream ausgeben. Analog zu dieser Empfangslogik würde die künftige Sendelogik darin bestehen chronologisch Content zu erzeugen, der automatisch smart in die verschiedensten Kanäle ausgespielt wird.
Jeder Trekkie träumte davon, wie Captain Jean Luc Picard sein Quartier durch eine Schschschiebetür zu betreten und die berühmten Worte „Tea, Earl Grey, hot“ zu sprechen und der Replikator erzeugt das Gewünschte. Heute bekommen wir zwar (noch) keinen Tee, aber können Siri, Cortana und die Google App gerne anquatschen und sie quatschen zurück.
Ich habe keine Lust mit meinem Handy zu reden, denn genau das suggeriert mir die Werbung, dass ich dies wollen sollte. Warum? Sprache ist zur Zeit der Universalschlüssel zur Mensch-Maschine-Kommunikation. Es gibt keine anderen, von jedem Nutzer intuitiv bedienbaren Schnittstellen: Sprechen können fast alle Menschen und müssen es nicht extra zur Bedienung ihres ihres mobilen Endgeräts erlernen.
Der Plan der Handyanbieter ist es, das Handy überflüssig zu machen. Es ist als ‚Device‘ zu klobig, schränkt unsere Motorik ein und ist eine künstliche Erweiterung unserer selbst. Moderne Interfaces sind zunächst Wearables – in Zukunft vermutlich sogar Implantate – die sich geradezu organisch mit uns verbinden. Wir steuere ich diese Winzlingsgeräte, die wenig Schaltfläche und keine Knöpfe haben werden und vielleicht auch taktil unerreichbar sind, wenn sie hinter meinem Ohrknorpel implantiert sind? Nur mit meiner Stimme.
Und was sich nicht minimieren lässt, wächst über sich hinaus, so dass der steuernde Mensch Teil der Maschine wird. Nichts anderes passiert, wenn Autos, Fahr- und Flugzeuge sowie andere Großgeräte zusehend mit Sprachbefehlen gesteuert werden.
Jetzt ist die Zeit neben dem Universalprinzip Sprache als Mensch-Maschine-Schnittstelle neue (Interims-) Interface-Logiken zu entwickeln und diese frühzeitig zu etablieren und zu verbreiten. Dies ist wirklich ein Wettlauf, wobei aber nicht zwangsläufig der Schnellste dauerhaft der Gewinner sein muss. Die effizienteste Lösung, die schnell genug zur Verfügung steht, wird das Rennen machen.
Für den Großteil der Datenströme des Internet sind keine Menschen verantwortlich – im Internet der Dinge (IoT) tauschen Maschinen bzw. Systeme automatisch Daten aus. Maschinen können sich binär unterhalten – die meisten Menschen können da nicht mitreden.
Wenn nun mein Kühlschrank künftig in der Lage ist, abgelaufene oder verbrauchte Lebensmittel autonom über ein Warenwirtschaftssystems nachzubestellen, wie teilt er mir das gegebenenfalls mit? Flötet und pfeift er wie R2D2 und zeichnet mir damit Fragezeichen ins Gesicht? Oder formuliert er Standardphrasen, die auch als Soundfiles in Navigationssystemen hinterlegt sind? Und wie rede ich mit meinem Kühlschrank? Wenn ich ihm zum Beispiel klar machen möchte, dass ich eigentlich anstatt der bisher getrunkenen Milch mit 3,8 % Fettanteil künftig lieber Magermilch wünsche?
Hier ist Luft für ganz neue, kreativ intuitive Messaging Logiken:Bewegungen, Piktogramme, Farbkombinationen, optische Erkennung, Vibrationsvariationen und was weiß ich. Die Lücke will gefüllt werden, der Wettlauf ist eröffnet!
So, ich nehme nun an, dass Gartner meinetwegen nicht einpacken muss.Eigentlich lassen sich meine Trends auch gut in die Phalanx der Gartner Prognosen einreihen bzw. sich mit diesen verknüpfen. Ich erhebe auch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit oder die korrekte Priorisierung – ich habe einfach mal zusammengetragen, mit welchen Fragen bzw. Lösungen ich mich als Experte für Digitalkommunikation in nächster Zeit beschäftigen sollte. Gut möglich, dass ich mich damit nicht auf dem Pfad der Erleuchtung, sondern auf dem Holzweg befinde. Das ist eben das schöne an Prognosen: Nachher sind wir alle schlauer.
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Ich habe an diesem Wochenende einmal die großes Rechercherunde duchs Internet gedreht und bin dann wieder in Deutschland gelandet – genauer gesagt an der FH Furtwangen.
Vor der Ankunft steht aber der Aufbruch: Auf YouTube stolperte ich über ein Video, in dem US-amerikansiche Schüler Playback singend rückwärts durch ihre Highschool laufen. Alles mit einer Kameraeinstellung ohne Schnitt gefilmt und produziert. Das ist lustig – vor allem, wenn die Schule riesengroß ist und es immer noch weitergeht.
Wie es ansonsten auch noch weitergehen könnte zeigt das Video-Portal in der rechten Spalte als ähnliche Formate an. Einmal losgegoogelt lassen sich endlos viele „lipdup highschool videos“ im Web finden.
Jeder kennt Isaacs Antrag, der vor fast genau drei Jahren veröffentlicht und bisher fast 30 Millionen mal angeklickt wurde. In Anbetracht des Ausmaßes und Umfang des mit dem zu der Zeit bereits lipub videos aller Orten produziert wurden eine fast überraschende Popularität.
Wenn das Internet sich nicht irrt, dann hatten Studierende der FH Furtwangen im Schwarzwand im Sommer 2008 die Idee ihre Hochschule mit einem Playback Video vorzustellen. Das kam dabei heraus und fand schnell viele Fans, Freunde und Nachahmer aus dem universitären Umfeld europa- und weltweit. Danach war es nur ein kleiner konsequenter Schritt zu den „School LipDubs“.
In den USA gibt es viele regionale und scheinbar auch nationale Wettbewerbe, die seit mehreren Jahren Preisgelder für diese Highschool Videos in verschiedenen Kategorien ausloben. So etwas befeuert einen Trend natuerlich, der in Europa seit fast fünf Jahren nicht mehr grassiert – vermutlich ein Grund, warum er irgendwie an mir vorbei gerannt ist.
Nun ja, jetzt habe ich ihn ja sieben Jahre nach dem Kickoff im Schwarzwald wieder eingeholt. Ihr habt das sicher schon wieder alles gewusst – aber vielleicht auch schon wieder vergessen…
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Klar ist es vermessen, sich an Tim O’Reilly mit seiner Frage „Was ist Web 2.0?“ anzulehnen, aber von nichts kommt nichts und außerdem will ich ja darauf hinaus, dass wir inzwischen so etwas wie die nächste Generation des Web 2.0 haben: Das Web 2.0 2.0 sozusagen. Oder wenn man „Social Media“ al Synonym zu Web 2.0 verwenden möchte, haben wir jetzt „Social Media 2.0“.
Bereits vor drei Jahren veröffentlichte hier anlässlich der re:publica 12 „Fünf nüchterne Thesen zur Zukunft von Social Media: ‚Is‘ alles gar nich‘ so wild‘.“ Streichen muss ich davon nichts. Ich bleibe auch standhaft bei meiner Kernthese, dass Social Media sterben werden – sie werden ein Bestandteil digitaler dialogorientierter Kommunikation. Künftig sind wir da, wo wir angefangen haben:
Web 1.0 + Web 2.0 = Internet
Aber was künstlich differenziert wurde, lässt sich scheinbar nicht so einfach reintegrieren. Vielleicht sind einzelne Mutationsschritte in der Evolution zum Urzustand notwendig.
Ich behaupte in Bezug auf Social Media Kommunikation haben wir inzwischen bereits die nächste Entwicklungsstufe, eine neue Version erreicht: Social Media 2.0
„Social Media 2.0“ sind der langweilige Bruder des coolen Kids. „Social Media 2.0“ spielen Klavier, während die coolen „Social Media 1.0“ E-Gitarre spielen, sie spielen Hallenfußball, während die Coolen „Kite-Surfen“, sie tragen Palomino-Jeans von C&A, während die anderen Levis 501 tragen. „Social Media 1.0“ trägt Wollmütze, Sonnenbrille und Bart – „Social Media 2.0“ tragen Anzug und Krawatte.
Social Media sind der Zuckerguss auf dem Kuchen, das Cremehäubchen auf dem Cupcake, die Schörkel am Bilderrahmen. Toll anzusehen, aber alleine sinnlos. Inzwischen wollen viele lieber den Kuchen und den Cupcake essen oder das Bild im Rahmen betrachten.
Konnte man vor ein paar Jahren mit einer Social Media Aktion Aufmerksamkeits-Punkte ernten, so fragt man heute nach dem „Return on Invest“. Etwas Nettes zu machen reicht nicht mehr, wenn es nicht messbar auf wertschöpfendes Ziel einzahlt. Social Media sind im langweiligen Corporate Alltag angekommen.
Klickten führer noch 1 Million Youtube-Nutzer auf eine Flashmob-Video, so geigt heute jedes Dorf-Orchester „überraschend“ an der Bushalte-Stelle. Nichts gegen Flashmobs – es macht vermutlich Spaß daran teilzunehmen und die Erinnerung soll man gerne untereinander teilen – aber nur für digitales Schulterklopfen aus der Community gibt es heute keine Budgets mehr als den Kommunikationsabteilungen der Unternehmen.
Ich wünsche mir kein Social Web der Krawatten-Träger und es wird hoffentlich weiterhin diesen kreativen Freiraum geben, den die Nutzer sich im Web 2.0 genommen haben, aber die Spielwiese wird zusehends Bandenwerbung bekommen und die Vermachtung der Öffentlichkeit sich nicht aufhalten lassen.
Social Media Manager ist ein Beruf und „Social Media 2.0“ Realität.
Was ist also Social Media 2.0? Hier eine tabellarische Übersicht:
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Es müssen die Wechseljahre sein – zumindest in Bezug auf meine Meinung: Ich bin launisch und wankelmütig. Verdi wusste schon früher, dass „mobile“ hier das richtige Adjektiv ist.
Aber ich war wie vom Donnerschlag gerührt und muss nun revidieren, was ich vor knapp zwei Monaten hier schrieb: Ich habe mich geirrt – und das ist wie ein Tag mit hitzefrei in einem öffentlichen Schwimmbad: Es macht einfach keinen Spaß!
Genauso wenig macht es Spaß zuzugeben, dass daran die Lektüre der „Neuen Clues“ als Ergänzung des „Cluetrain Manifest“, die Doc Searls und David Weinberger Anfang 2015 veröffentlichten. Es macht deswegen keinen Spaß dies zuzugeben, weil ich nicht in ein reflexartiges Hecheln verfalle, wenn jemand mit dem Cluetrain-Glöckchen klingelt. Die Thesen waren ihrer Zeit voraus, einige sehr treffend, andere – für mich – unverständlich und viele wirken so, als habe man sich noch dazwischen geschoben und die lutherische Zahl von 95 zu erhalten. Als Dozent in Social Media Dingen kommt man am Cluetrain-Manifest nicht vorbei – das ist auch gut so, aber auch ausreichend angemessener Raum der Würdigung.
Und nun der Schock: Ich lese Searls / Weinberger und es fällt mir wir Schuppen von den Augen und ich bin für Bruchteile mikro-erleuchtet, bekomme Zusammenhänge offenbart, die ich zuvor nicht sah. Das ist unangenehm!
Eigentlich beginnt es bei These Nr. 68, wenn es um das Thema Apps und Social Media geht. Apps und Social Media untergraben das Grundprinzip des Internet. Das Internet war stets mehr als die Summe seiner Teile. Durch den freien Zugang zu Informationen und die Schaffung neuer Kombinationen und Sinnzusammenhänge durch die Verknüpfungen mit Links, gaben dem Netz den Mehrwert.
Apps und Social Media Plattformen sind Silos. Sie halten die Informationen gefangen. Manche werden angefüttert mit Informationen aus dem Internet, aber sie teilen ungern und lassen sich nicht immer so einfach über ihre abgrenzenden Schutzzäune gucken. Oder wie Searls und Weinberger schreiben: „70. Bei Webseiten geht es um Vernetzung. Bei Apps um Kontrolle.“ Und: „73. Jede Website macht das Web größer. Jeder neue Link bereichert das Web.“
Also: Heiligt den Link!
– oder auch nicht. Aber heiligt die Möglichkeit auf Inhalte verlinken zu können. Macht eure Inhalte verlinkbar – sonst stirbt das Netz!
Befreit, was ihr denkt, was ihr zu sagen habt, aus Apps und sozialen Netzwerken, so wie ihr dem Aufruf zur Befreiung der Gartenzwerge aus den Vorgärten gefolgt seid!
Ich selber hatte geschrieben: „Alles wird App!“ Apps reduzieren die Komplexität, sind klar strukturiert und lösen das Problem, für das sie programmiert wurden am besten und effizientesten. Ein komplexes Online-Projekt, was alles lösen soll, löst nichts gut. So wie wir für verschiedenste Lebenssituationen verschiedenste Apps einsetzen, könnte sich die gesamte Online-Landschaft fraktionieren, zerkleinern und komprimieren.
In viele Projekten stellt man sich inzwischen die Frage: „Brauchen wir noch eine Website? Und wenn ja, wie viel davon?“ Die Antwort kann nur „Ja, ja, ja! Unbedingt!“ heißen. Denn ohne Websites legen wir das Datenmeer zusehendes trocken. Wenn alles nur noch App wäre, gäbe es irgendwann keine Internet-Informationen mehr, die Apps ausgelesen werden. So wie Apps die Informationsflut zur Zeit noch erfolgreich kanalisieren und uns so bei der Strukturierung und Verarbeitung von Informationen helfen, wären sie wirkungslos, wenn die Quelle versiegte. Somit Opfer ihres eigenen Erfolgsmodells. Die Revolution fräße wieder einmal ihre Kinder.
Nun ja, ich mag irgendwie Searls und Weinberger nicht uneingeschränkt recht geben. Man Ende des Tages sollte man das eine tun ohne das andere zu lassen. Die Lösung kann nur lauten: Denkt nicht ausschließlich in Apps, sondern füttert eine Website fleißig, damit rund, fett und groß wird.Gebt damit anderen Apps, Anwendungen und Wissens-Sucher weiterhin die Chance, eure Bausteine zu nutzen, um Neues zu schaffen.
Verstanden? Gut! Weitermachen wie immer.
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Es ist der Klassiker: Wenn etwas alles können soll, dann kann es nichts richtig gut. Das Schweizer Taschenmesser für alle Eventualitäten des Lebens würde in keine Hosentasche passen. Holistische, allumfassende Lösungen sind keine, sondern lösen sich auf: Unter dem Druck allem, was hineingestopft wird, verflüssigt sich der Kern, verlieren sich Strukturen, das Konstrukt wird instabil und kollabiert.
Das könnte mit Facebook passieren – mit AOL und T-Online ist es bereits passiert. In die selbe Kerbe schlägt auch die These der „Implosion Facebooks“ von Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, die seit Anfang 2014 diskutiert wird. Nico Lumma widerspricht dem Vergleich vehement: „Facebook wird nicht implodieren, denn Facebook erfindet sich täglich immer wieder ein Stück weit neu.“
Ich finde, streng genommen widersprechen sich die beiden Positionen nicht: Wenn Facebook sich nicht verändert, wird es implodieren – aber da es sich ständig verändert, wird es nicht luftleer in sich zusammensacken wie eine leckgeschlagene Hüpfburg. Passt also beides! Es ist ein bisschen so wie in der „Unendlichen Geschichte“ von Micheal Ende: So lange es Atréju / Bastian schaffen immer einen Schritt schneller zu sein als das „Nichts“, werden sie nicht verschlungen.
Es muss nicht immer Facebook sein – das gleiche gilt für Unternehmens-Websites. Das mögliche Schicksal der ‚Großen‘ droht auch in kleineren Maßstäben: Komplexe Strukturen einer komplexen Organisation auf einer Plattform abzubilden und dabei allen (berechtigten) Ansprüchen gerecht werden, wird immer weniger gelingen.
Planungsrunden zur Optimierung des Online-Auftritts eines Konzerns haben inzwischen den Umfang und die Dauer unbemannter Mars-Missionen. Kaum jemand ist in der Lage, eine dafür notwendige Makro-Strategie zu entwickeln. Und so kommt’s wie im echten Leben: Schießt der Stürmer am Tor vorbei, dann zieht er sich erstmal die Stutzen hoch und wird das öffentliche Chaos unübersichtlich, beginnen Polizisten damit, den Verkehr zu regeln. Wo die Überforderungen beginnt, setzt auch das Mikro-Management ein. Bei komplexen Webprojekten ist die Lösung schnell gefunden und schon stellt jemand im Projekt-Meeting die Frage: „Können wir diesen Aspekt nicht mit einer App abbilden?“
So verkehrt ist das nicht: Die Entwicklung einer modernen App ist der Entwicklung ist eine ähnlich anspruchsvolle Aufgabe wie die Entwicklung einer ganzen Website vor zehn oder fünfzehn Jahren. Ferner entspricht die Logik der Verwendung von Apps auch unseren alltäglichen Nutzungsmustern, die wir von Smartphones und Tabletts gewohnt sind: Für jede spezifische Aufgabe gibt es eine spezifische App als Lösung.
Wir wollen unsere gelaufenen Kilometer zählen? Dafür gibt es eine App. Wir wollen die aktuellen Fußball-Tabellen? Dafür gibt es eine App. Wir brauchen eine Bus-Verbindung? Auch dafür gibt es eine App. Wir wollen etwas Spezifisches von einem Unternehmen wissen? Wir müssen uns durch eine vollgestopfte Website mit schlechter Suchmaschine wühlen und verstehen lernen, nach welchen Regeln die Verantwortlichen die Inhalte ausgewählt und strukturiert haben. Ein klares ‚don’t like‘.
Die Alternative zu der schwerer zu beherrschenden ‚inneren Artenvielfalt‘ kann aber auch nicht eine ‚äußere Einfältigkeit‘ sein: „One size fits all“ bedeutet, dass das T-Shirt bei einem hauteng aufträgt und beim anderen schlabbert.
In der Frühzeit des TVs war es undenkbar, dass es irgendwann einmal ähnlich viele TV-Sender geben würde, wie es zu der Zeit Zeitungen gab. Zeitungen sollten und durften als Tendenz-Betriebe eigene Meinungen haben und Position beziehen, denn durch die Vielzahl der Zeitungen war sichergestellt, dass der Auftrag der Meinungsbildung im Mittel durch sie alle gemeinsam ausgewogen vertreten würde. Das nannte man – vor dem großen Zeitungssterben – Außenpluralismus. Der TV-Sendebetrieb war vormals so komplex, dass dieser nur durch Anstalten des öffentlichen Rechts übernommen werden konnte. Es gab so wenig Fernsehsender, dass ein Außenpluralismus etwaige Tendenzen hätte nicht ausgleichen können. Man erfand daraufhin den Binnenpluralismus – paritätisch besetzte Fernsehräte, die in internen Schlachten für Ausgewogenheit sorgen sollten.
Vor zehn oder 15 Jahren war die Situation im Internet ähnlich: Das Web-Business war neu, Domains waren teuer und auf einer gemeinsamen Website sollten möglichst alle Ansprüche der Organisation angemessen berücksichtigt werden. Die Steuerung von Online-Projekten orientierte sich am Binnenpluralismus der Organisation. So wie es inzwischen unzählige TV Sender gibt und auch im privat-wirtschafltichen Sendebetrieb die Regeln Wettbewerbs bzw. des Außenpluralismus gelten, so kann dank Social Media und Software as a Service kann jeder Empfänger zum Sender werden: Vielleicht ist es Zeit, das unbewegliche Tankschiff der komplexen Organisations-Website zu einer Flotte von wendigen Schnellbooten umzubauen und die Web-Kommunikation der Organisation auf Außenpluralismus umzustellen! Holistische Strukturen sollten zu Gunsten leistungsfähiger, spezialisierter, kleinerer Fragmente aufgegeben werden: Ab jetzt wird alles App!
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Ich bin konservativ und mag es nicht, wenn mein Weltbild durcheinander gerät – besonders nicht in Fragen der Religion. Ich bin lutherischer Protestant und ich folge dem Papst auf Twitter – das hat was mit gesunder Marktbeobachtung zu tun. Zumeist konnte man dort nur – aus meiner rein persönlichen Sicht – eher nur sinn- und zweckentleerte Sinnsprüche lesen, die mit ihrem Allerweltscharakter zeit- und bezugslos waren und eigentlich gut in die Kategorie ‚Kalendersprüche‘ passten.
Wobei ich fairerweise sagen muss, dass dies nicht ganz stimmt: Ich habe noch mal nachgesehen und musste feststellen, dass es durchaus auch aktuelle Bezüge zu Reisen und zum Weltgeschehen gibt. Dieser Papst ist eben auch auf Twitter politischer als sein Vorgänger.
Dieser hat mit dem Gezwitscher am 28. Juni 2011 angefangen – sicher ein wahrhaftig historisches Social Media Datum, das man sich merken muss: So etwas wie ein Segen für Social Media.
Alles so weit, so gut. 418 reine Text-Tweets hat das gesegnete Duo seit dem her abgesetzt. Aber Tweet Nr. 419 ist ganz anders, denn Tweet Nr. 419 hat ein Bild!
Warum jetzt? Warum dieses Bild? Es wirkt ein bisschen arg komponiert und hat diese ungewöhnliche Tiefenschäfe. Und was noch wichtiger ist: Werden wir von nun an mehr Bilder sehen? Und was werden dies für Bilder sein? Wann kommt das erste Selfie beim Angelus?
Wie gesagt: Ich mag keine Veränderungen – aber von nun an, wird es nichts mehr so sein wie zuvor im digitalen Vatikanstaat. Ich werde das weiter beobachten!
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Listen gibt es überall und für alles. Recht bekannt sind die „Big Five“ – die fünf großen Tiere Afrikas, die man auf jeder Safari gesehen haben muss, um überhaupt sagen zu können, dass man auf Safari war.
Bei den Tieren Alaskas und Nordamerikas gehen die Meinungen bereits auseinander und eine vergleichbare Liste Europas ist mir nicht bekannt. Aber wenn es eine gäbe, wären bestimmt Luchs, Braunbär und Wolf darauf.
Bei Social Media sehe ich folgende Liste als „Big Five“:
Facebook (Elefant)
Twitter (Löwe)
Google+ (Spitzmaulnashorn)
Pinterest (Leopard)
Foursquare (Büffel)
Wobei diese Zuordnung nicht unbedingt, den strengsten Kriterien folgt:
Ich denke diese „Big Five“ gehören auf jeden Fall zum Handwerkszeug von Social Media Managern und deswegen bilden sie die (sichtbare) Spitze des Web 2.0-Eisberges.
Ich versuche schon seit einiger Zeit die Deutsche Telekom zu überzeugen, ein Bundle-Angebot für ihre Entertain-Kunden anzubieten, wenn diese zusätzlich einen Mobile-Vertrag abschließen. Aber irgendwie werde ich nicht erhört: Ich twittere es der Telekom, schicke E-Mail, sage es in deren Kundencentren – aber bekomme dennoch nicht, was ich möchte.
Nun dachte, ich erkläre es hier und vielleicht stößt ein pfiffiger Produktentwickler diesen Beitrag und versteht vielleicht auch den Vorteil auch für sein Unternehmen – die screenen vielleicht das Netz oder Googeln auch schon mal.
Bisherige Motive zur Wahl des Mobilfunkvertrages mögen vielfältig gewesen sein: Vorrangig der Preis, aber auch Netzabdeckung oder ein günstiges Handy-Angebot in Verbindung mit einem Vertrag.
Handys kauft man so (alles andere ist mit deutlichen Aufschlägen verbunden), das beste Netz hat die Telekom wohl, der Preis ist aber nicht unbedingt günstig. Das ist künftig aber alles nicht mehr ausschaggebend. Wenn man begonnen hat, Daten in der Cloud einzulagern, wird irgendwann die Convience im Datenverkehr Oberhand gewinnen.
Ich habe eine Kindle Fire HD und damit ein Datenspeichervolumen in der Amazon-Cloud dazu bekommen, wo ich ganze Wechselfestplatten ohne Wimpernzucken reinkopieren könnte. Es gibt auch noch ein iPhone im Haushalt und korrespondierenden Speicherplatz bei Apple. Und als Entertain-Kunde kann ich natürlich auch Daten in die T-Cloud schieben und über das TV oder Handy-App speichern, abrufen und teilen.
Aber ich will es einfacher haben: Ich möchte meine persönliche Datenwolke und deren Erreichbarkeit aus einem Guss von einem Anbieter und überall – deswegen eben auch mobil, weil es für Entertain-Kunden auf diesem Wege attraktiv werden könnte, die Deutsche Telekom auch als Mobilanbieter zu wählen.
Noch attraktiver wäre es mit einem Bundle-Angebot. Ich erwarte keine phantastischen Preisnachlässe, aber ein symbolisches „Wir haben verstanden“ (auch gerne mit eine kleinen Plus). Zum Beispiel, der neue T-Mobile Complete Comfort M: Der kostet im ersten Jahr 36 Euro monatlich und dann 40 Euro pro Monat. Setzt den doch bei bestehenden T-Home Entertain Kunden auf 36 Euro dauerhaft – und ihr hättet schlagartig in unserem Haushalt zwei neue Kunden.
Und ich denke, dass würde noch mehr Kunden interessieren. Denk mal darüber nach, liebe Deutsche Telekom, und mach mir ein Angebot.
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Die Deutsche Telekom hat ihre Privatkundentarife geändert. Nach den fetten Jahren mit Datenflats kann nun bei Neuverträgen gedrosselt werden. In den Netzen wird es eng und ihr Ausbau ist teuer – das klingt als Begründgung logisch und nachvollziehbar. Zwischen all der Aufregung und dem kollektiven Aufschrei der Netzaktivisten bleibt der Hintgrund auf den ersten Blick eher trübe.
Um Geld geht es ausnahmsweise nicht. Das rechnete Malte Spitz in der Zeit beeindruckend vor. In Anbetracht des notwendigen Netzausbaus wäre dies sogar legitim. Vor allem, weil man sich offensichtlich die wegdrosselten Datenpakete dazukaufen können wird. Des spräche für ein klares Marktmodell: Wer etwas mehr zahlt, bekomt auch etwas mehr. Das muss auch denen klar sein, die zwar günstig bei einer Airline einen Flug buchen können, aber dafür in der Regel nicht in der Business Class oder First sitzen.
Worum geht es denn?Sascha Lobo schreibt im Spiegel: „Die Abschaffung der Netzneutralität entspricht einer wirtschaftlichen Form der Zensur.“ Diese Dinge sind deutlich abstrakter als Geld, aber lassen sich immer noch gut erläutern: Die Deutsche Telekom ist nicht nur Netzzugangsprovider, sondern auch Datentransporteur und -lieferant. Be ihren eigenen Diensten und Produkten will sie nicht drosseln, sondern nur ihre Wettbewerber ausbremsen. Das ist nicht mehr diskriminierungsfrei, das Netz ist nicht mehr neutral.
Dabei wird die Tür zum Netz nicht zugeschlagen und damit Teilhabe an freien Angeboten unterbunden, sondrn das Scheunentor wird geschlossen, wenn die Scheune voll ist. Das weitere Stroh muss dann durch die kleine Tür im Tor hereingebracht werden. Damit die Deutsche Telekom ihre (Content-) Datennutzer bevorzugt behandeln kann, müssen diese ständig indentifizierbar sein.
Bis hierher ist alles noch klar. Man muss es nicht gut finden, aber es lässt sich beschreiben. Aber was ist das eigentliche Ziel? Wohin will die Magenta farbende Drossel fliegen? Wo landen? Das findet man bisher nirgendwo im Klartext angesagt. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage: Die Deutsche Telekom will dahin zurück, wo sie herkommt: Zu T-Online als geschlossenen Online-Dienst wie es damals auch AOL und Compuserve waren – eigene Onlinewelten, in denen die Nutzer ständig transparent mit offenen Visier wandeln und überall Kassenhäuschen stehen. Irgendwo gibt es dann ein Weltkugel-Icon, das über eine dünne Leitung ins eigntliche Internet als WWW führt. Ob da die Kunden dauerhaft mitmachen, ist offen. Viele Menschen lassen sich ja freiwillig gefangen halten, wenn der Käfig ausreichend golden ist. Wer das Budget hat wird sich aber immer Freigang dazukaufen.
Solche altertümlichen Zukunftsszenarien scheinen dem Gesetzgeber und gleichzeitig 15-prozentigen Miteigentümer der Deutschen Telekom nicht zu schrecken. Die Energieunternehmen fürchtet der Staat um so mehr: Sie müssen zerlegt – neudeutsch „unbundled“ – werden, weil sie vormals Erzeugung, Verteilund und Vertrieb unter ihrer Eigenregie hatten, bis der Staat höhere Markttransparenz forderte. Vertikal integrierte Konzerne über alle drei Wertschöpfungsstufen waren nicht mehr erwünscht. Dabei reden wir von einem Commodity-Produkt. Beim Strom kann der Kunde nicht erkennen, wer ihn erzeugt, transpotiert und weiterverkauft hat. Hier greift der Staat regulierend ein.
Wenn es aber um freie Information als Grundlage unser freiheitlich-demokratischen Grundordnung geht, juckt es ihm nicht, da kann man beide mal beide Augen zudrücken. Die Deutsche Telekom ist inzwischen ebenfalls ein vertikal integrierter (Medien-) Konzern über alle drei Wertschöpfungsstufen der Erzeugung, Verteilung und des Vertriebs von Daten und Informationen. Warum muss sie nicht „unbundled“ werden?Deutschland schickt sich an die Energiewende zu schaffen – Zeit für eine Datenwende!
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