Die Deutsche Telekom hat ihre Privatkundentarife geändert. Nach den fetten Jahren mit Datenflats kann nun bei Neuverträgen gedrosselt werden. In den Netzen wird es eng und ihr Ausbau ist teuer – das klingt als Begründgung logisch und nachvollziehbar. Zwischen all der Aufregung und dem kollektiven Aufschrei der Netzaktivisten bleibt der Hintgrund auf den ersten Blick eher trübe.

Um Geld geht es ausnahmsweise nicht. Das rechnete Malte Spitz in der Zeit beeindruckend vor. In Anbetracht des notwendigen Netzausbaus wäre dies sogar legitim. Vor allem, weil man sich offensichtlich die wegdrosselten Datenpakete dazukaufen können wird. Des spräche für ein klares Marktmodell: Wer etwas mehr zahlt, bekomt auch etwas mehr. Das muss auch denen klar sein, die zwar günstig bei einer Airline einen Flug buchen können, aber dafür in der Regel nicht in der Business Class oder First sitzen.

Worum geht es denn?Sascha Lobo schreibt im Spiegel: „Die Abschaffung der Netzneutralität entspricht einer wirtschaftlichen Form der Zensur.“ Diese Dinge sind deutlich abstrakter als Geld, aber lassen sich immer noch gut erläutern: Die Deutsche Telekom ist nicht nur Netzzugangsprovider, sondern auch Datentransporteur und -lieferant. Be ihren eigenen Diensten und Produkten will sie nicht drosseln, sondern nur ihre Wettbewerber ausbremsen. Das ist nicht mehr diskriminierungsfrei, das Netz ist nicht mehr neutral.

Dabei wird die Tür zum Netz nicht zugeschlagen und damit Teilhabe an freien Angeboten unterbunden, sondrn das Scheunentor wird geschlossen, wenn die Scheune voll ist. Das weitere Stroh muss dann durch die kleine Tür im Tor hereingebracht werden. Damit die Deutsche Telekom ihre (Content-) Datennutzer bevorzugt behandeln kann, müssen diese ständig indentifizierbar sein.

Bis hierher ist alles noch klar. Man muss es nicht gut finden, aber es lässt sich beschreiben. Aber was ist das eigentliche Ziel? Wohin will die Magenta farbende Drossel fliegen? Wo landen? Das findet man bisher nirgendwo im Klartext angesagt. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und sage: Die Deutsche Telekom will dahin zurück, wo sie herkommt: Zu T-Online als geschlossenen Online-Dienst wie es damals auch AOL und Compuserve waren – eigene Onlinewelten, in denen die Nutzer ständig transparent mit offenen Visier wandeln und überall Kassenhäuschen stehen. Irgendwo gibt es dann ein Weltkugel-Icon, das über eine dünne Leitung ins eigntliche Internet als WWW führt. Ob da die Kunden dauerhaft mitmachen, ist offen. Viele Menschen lassen sich ja freiwillig gefangen halten, wenn der Käfig ausreichend golden ist. Wer das Budget hat wird sich aber immer Freigang dazukaufen.

Solche altertümlichen Zukunftsszenarien scheinen dem Gesetzgeber und gleichzeitig 15-prozentigen Miteigentümer der Deutschen Telekom nicht zu schrecken. Die Energieunternehmen fürchtet der Staat um so mehr: Sie müssen zerlegt – neudeutsch „unbundled“ – werden, weil sie vormals Erzeugung, Verteilund und Vertrieb unter ihrer Eigenregie hatten, bis der Staat höhere Markttransparenz forderte. Vertikal integrierte Konzerne über alle drei Wertschöpfungsstufen waren nicht mehr erwünscht. Dabei reden wir von einem Commodity-Produkt. Beim Strom kann der Kunde nicht erkennen, wer ihn erzeugt, transpotiert und weiterverkauft hat. Hier greift der Staat regulierend ein.

Wenn es aber um freie Information als Grundlage unser freiheitlich-demokratischen Grundordnung geht, juckt es ihm nicht, da kann man beide mal beide Augen zudrücken. Die Deutsche Telekom ist inzwischen ebenfalls ein vertikal integrierter (Medien-) Konzern über alle drei Wertschöpfungsstufen der Erzeugung, Verteilung und des Vertriebs von Daten und Informationen. Warum muss sie nicht „unbundled“ werden?Deutschland schickt sich an die Energiewende zu schaffen – Zeit für eine Datenwende!

Dieser Beitrag erschien zuerst unter https://anderesachen.blogspot.com/2013/04/wohin-fliegt-die-drossel.html

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