Dort, wo Social Media nicht dem Praktikanten überlassen wird, soll dann die Pressestelle noch mal über die Tweets, Posts und Instas gucken, bevor sie online gehen – könnte ja auch Sinn machen, denn es sind kleine Nachrichten, die extern veröffentlicht werden.

Oftmals aber macht genau das keinen Sinn, denn Social Media Posts lassen sich nicht nach den Qualitätskriterien guter Pressearbeit bewerten. Ging man in Frühzeiten deutscher PR-Forschung davon aus, dass gute PR- bzw. Pressearbeit den Journalismus steuern könnte, so hat sich diese Annahme in Richtung gegenseitiger Beeinflussung der Systeme auf Grundlage der Kenntnisse der jeweiligen Arbeitsmethoden verschoben. Häufig sind es die klassischen ⏩ Nachrichtenfaktoren, die eine Pressemitteilung für einen Journalisten interessant machen: Darunter solche wie (regionale) Nähe, handelnde Personen, Schadenshöhe und Negativismus. Wenn ich das bedienen kann und weiß wann Redaktionsschluss ist, damit die Meldung noch ins Blatt kann, dann habe ich ⏩ Intereffikation anstatt Determination.

Also haben sich für gute Pressearbeit ein paar Regeln herausgebildet. Diese sorgen dafür, dass sich auf gewissen Dimensionen bestimmte Positionen manifestiert haben. Soll heißen: Wenn sich die Presseabteilung bezüglich der Bewertung orientieren muss, wird sie eher auf Fakten setzen. Bei Konsistenz wird sie sich an einer nachhaltigen, in sich schlüssigen Berichterstattung orientieren und bei der Betroffenheit eher auf abstrakte Gruppe als auf konkrete Beispiele setzen. Der innere Kompass wird sich auf verschiedenen Dimensionen immer in vergleichbaren Tendenzen ausrichten: Eher vom Absender ausgehen, möglichst aktuell sein, Fakten bevorzugen, überprüfbar, abstrakt und konsistent informieren.

Social Media Kanäle sind keinen Nachrichtenticker – die Regeln dort sind anders. Die Kriterien des Absenders interessieren nicht, denn in Social Media steht der User als Empfänger im Fokus: Er beziehungsweise sie entscheidet nach eigenen Orientierungspunkten, ob die Meldung für sie oder ihn interessant ist. Zum Beispiel spielt die Aktualität keine so große Rolle: Wenn die Meldung, in dem Augenblick, in dem ich sie wahrnehme, für mich als Empfänger relevant ist, dann ist mir egal, ob sie topp aktuell ist. Dabei orientiere ich mich an dem Moment und scrolle nicht die Timeline runter, um zu überprüfen, ob die Meldung im Einklang mit allen bisherigen Meldungen zu diesem Thema ist. Ich kann auch nicht überprüfen, ob die Fakten stimmen – ich bin ja kein Nachrichten-Journalist -, sondern mir reicht es, dass die Info schlüssig und glaubhaft ist. Ich begrüße auch, dass sie nicht neutral informiert, sondern jemand sie bereits für bewertend kommentiert hat, was mir die Einordnung erleichtert. Und diese Bewertung kann auch gerne eine Emotion beinhalten – menschliche Reaktionen verbinden eher als professionelle Distanz des Beobachters und Berichterstatters.

Auch abstrakt formulierte Informationen sprechen mich in Social Media nicht an: Was soll das heißen, wenn „vermutlich 12% Prozent der Bevölkerung“ von irgendetwas betroffen sein könnte? Was bedeutet das für mich? Es gibt schon einen Grund, warum Einzelschicksale uns in Social Media bewegen, obwohl daraus keine Verallgemeinerungen möglich sind.

Also auf der Social Media Seite zählen der Empfänger, die Relevanz, der Moment, ein möglichst konkreter Bezug, sowie die Vorstellbarkeit und eine kommentiere emotionale Meinung. Deswegen sind Social Media Posts keine kleinen Pressemitteilungen.

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