(K)Ein Dorf wie jedes andere: Mit dem Audioguide durchs südniedersächsische Hinterland

Bühren im Schedetal – zwischen Hann. Münden und Göttingen gelegen, wenn man von der Straße nach Dransfeld abbiegt und durch die Landschaft gurkt – unterscheidet sich nicht sonderlich von vielen kleinen Dörfern in Südniedersachen. Es gibt eine Kirche, einen Friedhof, viel Fachwerk und etwas Landwirtschaft. Insgesamt wohnen dort gut 500 Menschen. Es sieht aus wie alle Dörfer in dieser Gegend. Und dennoch gibt es einen guten Grund, gezielt nach Bühren zu fahren: Einen interaktiv gestalteten Kulturpfad mit Audioguide und eigener App. Das hat nicht jedes Dorf!

Dazu muss man wissen, dass es den Kulturpfad als Rundwanderweg bereits seit Anfang der 2000er Jahre gibt – die App kam erst später dazu. Die knapp drei Kilometer lange Tour ist auch in allen üblichen Wander- und Outdoor-Apps verfügbar, über verschiedene Tourismusseiten der Region verlinkt, aber den ⏩ Download-Link für die App (nur für Android) gibt nur es auf der Homepage des Dorfes.

Dorf-Tour in der Wander-App und Dorf-App mit Audio-Guide

Es gibt auch eine ⏩ kleine Broschüre, die man dort ebenfalls digital herunterladen oder aus dem kleinen Holzkasten an der zentralen Bushaltestelle in der Dorfmitte auch gedruckt mitnehmen kann.

Die ersten drei Stationen haben wir erstmal prompt überlaufen – vermutlich waren wir nur etwas zu enthusiastisch losgestiefelt. Die Kartenansicht in der App hat nicht funktioniert bei uns – aber wir haben uns von einer Wanderapp mit einer absolut gelangweilten, monotonen Frauenstimme durch die Ortschaft navigieren lassen. Der Weg ist eigentlich ausreichend gut mit einem „K“ gekennzeichnet und an jeder Station steht eine Info-Tafel mit Text und Bild.

Vom Versammlungsplatz in der Dorfmitte (dem „Tie“) geht es am ältesten Haus vorbei, runter ins Bachtal, wo mal eine handvoll Mühlen am Wasserlauf standen. Maschinenbaumeister Manfred Fischer hat in zirka 1300 Arbeitsstunden eine Wasserradanlage aus Eigeninitiative und mit eigenen Mitteln neben seinem Haus erbaut, die Mühlentradition – es gab wohl derer Fünfe – im Dorf veranschaulichen soll.

Stationen der Runde

Hinter dem Dorf hat es tatsächlich noch eine Besonderheit – in diesem Falle eine Geologische: Am Dorfrand erhebt sich eine 10 Meter hohe Basaltwand. Der Rohstoff wurde bis Ende der 1960er Jahre auch im großen Maßstab dort abgebaut, rund 1.200 Tonnen täglich, die von zirka 40 LKWs pro Tag abtransportiert wurden. Hier wurde mir auch zum ersten Mal deutlich, was mich ein bisschen an den Audio-Beiträgen störte: Ganz ohne (Hintergrund-) Geräusche wirken die Aufnahmen sehr „steril“. Gerade der Steinbruch mit seiner Lärmkulisse hätte die Hörszenerie lebendiger wirken lassen.

Bührener Basaltwand

Den Abschluss der Runde bildet ein kleiner, künstlich aufgeschütteter Hügel, auf dem zehn Mord- oder Sühnesteine stehen. Diese Sammlung resultiert nicht aus der besonderen Mordlust der Dorfbewohnerinnen und -Bewohner, sondern sie versammelt alle Gedenksteine, auf dem ⏩ Harster Heerweg – einer alten Nord-Süd-Handelsroute – zu Tode gekommenen Personen. In dieser Art auch einmalig in Niedersachsen.

Südniedersachsen ist nicht der aufregendste Ort der Welt – und ich als gebürtiger Südniedersachse darf das sagen – und dort sieht es in Varlosen, Dankelshausen und Ellershausen nicht viel anders als in Bühren aus, aber die App lockt einem beim Besuch der Region dann doch nach Bühren und eben nicht nach Varlosen, Dankels- oder Ellershausen. So gesehen haben sich die Bührener ein Alleinstellungsmerkmal programmiert.

Sammlung der Sühnesteine

Hier kann man die Beiträge auch ohne App reinhören:

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