Der Wohnungsmarkt ist kaputt: Für Menschen, die sich eine neue Wohnung suchen müssen, wird es immer schwieriger bezahlbaren Wohnraum zu finden. Und gleichzeitig sitzen viele Menschen in Wohnungen, die vielleicht eher unpraktisch sind, aber noch bezahlbar. Wäre Tauschen da die Lösung? Und wenn ja, wie geht das?

Ich hatte mir schon mal verschiedentlich Initiativen zum Wohnungstausch angesehen, vor allem wenn die Kommunalverwaltung daran beteiligt war. So wie hier die Stadt Düsseldorf. Jüngst kam das Thema wieder bei mir auf, als ich in einem Immobilien-Newsletter folgende ⏩ Fokus-Meldung las: „Rentner können es sich kaum leisten, in eine kleine Wohnung umzuziehen“, die mit folgenden Einleitungstext beginnt: „Ältere Menschen blockieren große Wohnungen, die junge Familien dringend brauchen: Deutschland hat somit ein Problem mit der Wohnraumverteilung.“

Die Überschrift beschreibt den Kern des Problems korrekt, der Einstieg verzerrt den Sachverhalt ein bisschen: „Blockieren“ klingt nach Vorsatz, so wie „Klimakleber“ – wobei „letzte Generation“ in der Altersgruppe eigentlich gut passt.
Das Problem liegt auf der Hand: Wer einen uralten Mietvertrag mit moderat wachsendem Mietzins (aber vermutlich aktuell explodierenden Nebenkosten) hat, bekommt keine andere Wohnung bei Neuvermietung zu vergleichbaren Konditionen. Bei abbezahltem Wohneigentum ist die Diskrepanz noch krasser: Für das zu entrichtende Hausgeld bekommt man vermutlich nicht mal einen Garagenplatz im selben Viertel. Da bleibt man natürlich lieber in der Wohnung, auch wenn sie vielleicht zu groß und nicht wirtschaftlich ist.

Aber wie funktioniert so ein Wohnungstausch eigentlich? Ein Erklärvideo auf https://www.wohnungstauschduesseldorf.de/ erklärt uns wie es funktioniert:

Die Idee: Suchende und Anbietende zu „matchen“. Dazu gibt es logistische und finanzielle Hilfe bei Umzugsabwicklung. Das ist gut! Eigentlich schon sehr gut, aber ein Grundproblem bleibt: Meist bekommt die neue Mietpartei die vormals günstigen Konditionen der bisherigen Mieter nicht automatisch verlängert. Das bedeutet, dass nach dem Tausch vermutlich beide Seiten höhere Kosten haben werden.

Ausgerechnet die vorherige NRW-Regierung aus CDU und FDP hatte vorgeschlagen, dass die Mietkonditionen nach dem Tausch für fünf Jahre zunächst gleichbleiben sollten:

„In Nordrhein-Westfalen schlugen FDP und CDU bereits 2017 ein Pilotprojekt zum Wohnungstausch zwischen älteren und jüngeren Menschen vor. Zum Vorteil für beide Seiten: Wohnungstauscher sollten, wenn sie umziehen, 5000 Euro für Renovierung und energetische Modernisierung bekommen. Die Idee sah vor, dass die Wohnungstauscher fünf Jahre ihren alten Quadratmetermietpreis zahlen sollten.“

Quelle: rnd – RedaktionsNetzwerk Deutschland

Aktuell im April 2023 hat „Die Linke“ das Thema noch mal adressiert. Der Vorschlag hier: Die Beibehaltung der Mietkonditionen nach einem Tausch solle gesetzlich festgeschrieben werden. Unabhängig davon, dass dies in die grundsätzliche Vertragsfreiheit eingreifen würde – was zulässig wäre, aber gut begründet werden muss – wird die Idee allein daran scheitern, dass sie von den Linken eingebracht wurde.

Aber wie sieht es denn nun bisher mit dem Wohnungstausch konkret aus? Auch gerade hier an meinem Wohnort Düsseldorf? Ich konnte vor ein paar Tagen darüber ausführlich mit Florian Tiegelkamp-Büngers vom Amt für Wohnungswesen der Landeshauptstadt Düsseldorf sprechen. Er betreut die Wohnungstauschbörse der Stadt und man merkt, dass er für die Idee und sein Projekt brennt.

Bereits seit 2019 ist Düsseldorf auf der Plattform aktiv und war damit eine der ersten Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Die Basiszahlen im System sehen gar nicht so schlecht aus: Seit Anfang 2020 gab es knapp 650 aktive Nutzerkonten, von denen etwas über die Hälfte derzeit noch einen aktiven Status haben. Tiegelkamp schreibt Nutzerinnen und Nutzer nach sechsmonatiger Inaktivität an. Wer nach dreimaligen Anschreiben nicht wieder aktiv wird, wird aus dem System gelöscht, könnte es aber jeder Zeit wieder neu anmelden. Aktuell sind rund 80 Anzeigen für Düsseldorf im System, insgesamt waren es gut über 300. Dennoch fällt die Bilanz eher nüchtern aus: Bisher kam in Düsseldorf über das System nur ein Tausch tatsächlich zustande.

Dabei ist die Anzahl der „Matches“ aber verhältnismäßig hoch, was aus der hohen Nachfrage resultiert: Ein Angebot macht dann viele Nachfragen. Das ist ein bisschen so, als würde sich eine echte Frau aus Versehen auf einer Dating-Plattform anmelden.

Das Hauptproblem liegt im Bekanntmachen des Angebots. Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften sind schnell angeschrieben und informiert, aber den freifinanzierten Wohnungsmarkt zu erreichen ist nicht so einfach. Darüber hinaus die Hälfte der Zielgruppe (ältere Mitmenschen) häufig nicht so digital wie das Angebot. Daher liegen auch Flyer in den Senioren-Stadtteilzentren aus und Florian Tiegelkamp berichtet, dass er gerne hilft den Account für die Offline-Generation anzulegen, wenn es nötig ist.

Freiburg und Bremen dienen gerne als Aushängeschilder beim kommunal unterstützten Wohnungstausch, aber in Freiburg wurde die Einführung des Angebots auch einer großen Plakatkampagne begleitet.

Aus meiner Sicht, bleibt die zu Grunde liegende Idee spannend. Ich weiß nicht, ob die finanziellen Hilfen bei der Umzugslogistik ausreichend sind, wenn es keine (zeitweise) Festschreibung der Konditionen als Tauschbasis gibt. Auf jeden Fall, versuche ich die Wohnungstauschbörse und das entsprechende Konzept dahinter bekannter zu machen und dies ist bereits ein erster Beitrag dazu.

Weiterführende Links:

Das Amt zum für Wohnungswesen der Landeshauptstadt Düsseldorf:
https://www.duesseldorf.de/wohnen/

Download Infoflyer zum Wohnungstausch in Düsseldorf:
https://www.duesseldorf.de/fileadmin/Amt64/wohnen/pdf/flyer_wohnungstausch.pdf

Bisherige Beiträge in dieser Serie:

Teil 1 lesen: ⏩Wohnen wird öffentlich

Teil 2 lesen: ⏩ Wie viel Wohnraum brauche ich?

Teil 3 lesen: ⏩ Wieviel Platz stände mir zu?

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