7 Dinge, die ich bei meiner Kickstarter-Kampagne gelernt habe:

„Geh zu ⏩ Kickstarter!“ haben sie gesagt. „Da werden Spiele erfolgreich finanziert!“ haben sie gesagt. Man kann dort aber auch schön scheitern – das haben sie nicht gesagt.

Dass Ideen nicht immer erfolgreich sind, weiß man. Dass Ideen nicht deswegen erfolgreicher sind, weil man sie mag und persönlich sehr an ihnen hängt, weiß man eigentlich auch. Ein bisschen traurig ist man aber trotzdem, wenn es nicht klappt.

Ich habe Anfang 2020 eine Spiele-Idee für ein schnelles, einfaches Familien-Brettspiel entwickelt, getestet und zu einem gewissen Reifegrad geführt. Über die Idee und Entwicklungsgeschichte habe ich regelmäßig berichtet, so dass eigentlich ziemlich klar war, worum es ging und woran ich arbeitete. Ich habe gesägt, geschliffen und lackiert und konnte so am Ende interessierten Personen eine ausgereifte Prototyp-Variante zum Kauf anbieten, die ich hätte in meinem Hobbykeller als Kleinauflage umsetzen können. Das Interesse hielt sich aber innerhalb der Reichweite, die ich mit meinen Möglichkeiten erzeugen konnte, in Grenzen – diese Grenze war die Nulllinie.

Es stimmt schon, dass man mit Kickstarter eine gewisse Aufmerksamkeit auch außerhalb der eigenen Filterblase erzeugen kann. Es stimmt auch, dass die Finanzierung von (Brett-) Spielen auf Kickstarter eigentlich sehr gut läuft: In der tagesaktuellen Statistik der Crowdfunding-Plattform lag die Erfolgsquote bei Spielen Mitte November bei 41,5%, was auch zu anderen Erhebungen wie bei statista.de oder im private-equity-forum passt. Soweit die weltweiten Zahlen. Für Spiele-Ideen aus Deutschland (1368, Stand: Mitte November 2020) fällt die Quote mit 38% schon ein bisschen schlechter aus.

Das erklärt aber noch nicht, warum mein Projekt dort verkackt hat. Deswegen nun zu den Dingen, die ich aus dem Versuch bei Kickstarter gelernt habe. Ein paar Dinge liegen bereits im Produkt, also meiner Spielidee begründet:

1. Die Freaks gewinnen nie den Pokal.

Es ist schön, anders zu sein. Man bekommt vielleicht einen gewissen Grad an Beachtung und wenn man Glück hat, sogar noch ein Lob dafür, dass man sich der Konkurrenz gestellt hat, obwohl man so gar nicht den Konventionen entspricht. #DASBAUSPIEL passte so gar nicht in die Reihe der anderen Spiele, die auf Kickstarter vorgestellt werden. Das „Außenseiter – Spitzenreiter“-Motto mag pädagogisch wertvoll sein, führt aber in den seltensten Fällen zu kommerziellen Erfolg. Am Markt funktioniert eben nur das, was die Masse mag.

2. Zu groß, zu schwer, zu teuer…

DASBAUSPIEL lässt sich leider nicht wirtschaftlich kalkulieren. Tatsächlich habe ich die meiste Zeit mit Fragen der Bezahlbarkeit verbracht. Das Spiel lebt von den hochwertigen Holzspielsteinen, aber das ist am Ende dann auch wirklich „eine Menge Holz“ – fast zwei Kilo kommen da zusammen. Die Materialien sind teuer in der Beschaffung. Bei einem Endkundenpreis von maximal 20 Euro dürfte der Produktionskostenanteil nicht mehr 20% betragen – also sollte unter vier Euro liegen – raten Spiele-Experten bei der Preiskalkulation. Demnach müsste #DASBAUSPIEL 100 Euro kosten. Das würde vermutlich erst recht niemand für einen Karton voller Bauklötzchen zahlen wollen. Der gewählte Angebotspreis von 33 Euro ist bereits symbolisch und soll verhindern, dass ich als Produzent noch draufzahlen muss – aber trotzdem ein recht stolzer Preis für ein Familienbrettspiel.

Die Vielzahl und Qualität der Teile lässt kaum Luft für die Preisgestaltung. Letztendlich war es vermutlich eher nur ein Angebot für Menschen, die sich auch einen Handschmeichler für 38 Euro kaufen würden, nur weil dieser sich gut anfassen lässt. Diese Menschen gibt es, aber sie suchen ihre Handschmeichler eher auf Kreativmärkten als auf Kickstarter.

3. Wenn Du in Rom bist, mache es wie die Römer.

Überhaupt wurde ich von einigen freundlichen Zeitgenossen darauf hingewiesen, dass Kickstarter nicht die richtige Crowdfunding-Plattform für meine Idee wäre und ich lieber eine andere Crowdfunding-Website hätte wählen sollen. Falls jemand den Link zur „Wertigen-teuren-Holzspielzeuge-Gruppenfinanzierungs-Seite“ hat, dann nehme ich diesen gerne entgegen.

In gewisser Weise hatte ich gehofft, Kickstarter für meine Interessen benutzen zu können, da ich hoffte, genügend Vorbestellungen zusammenzubekommen, um in der Werkstatt für angepasste Arbeit der Lebensgemeinschaft Wickersdorf eine Erstauflage produzieren lassen zu können. Aber Dinge für etwas gebrauchen zu wollen, für das sie nicht konzipiert sind, geht meistens schief: Natürlich kann man mit einem Porsche einen Pflug ziehen, aber so war das eigentlich nicht gedacht und zielführend ist das sicher auch nicht.

DASBAUSPIEL fiel auch schon allein deswegen bei Kickstarter aus dem Raster, weil ich eigentlich nur das Spiel in seiner Grundversion anbieten wollte. Ich hatte keine Lust verschiedene „Belohnungen“ für Unterstützer zu kreieren oder zusätzliche Ziele bei Überfinanzierung zu öffnen und habe somit die grundlegenden Mechaniken der Kickstarter Community ignoriert.

Das ist doof, denn bereits 1998 hat Billy Joel gesungen „But when in rome, do as the romans do“ – wer das ursprünglich gesagt hat, ist aber irgendwie unklar. Es lässt sich wohl eine sinngemäße Passage in einem Brief von Augustinus aus irgendwenn zwischen 387-390 n. Chr. finden – aber Billy Joel erscheint mir passender: „When on kickstart do as the kickstarters do!“

4. Kickstarter ist eine Community-Plattform – entsprechend wird man zugespamt.

Mit einem Projekt legt man auch auch Profil auf Kickstarter an. Und da man nicht einfach ein Warenhaus oder eine Kleinanzeigen-Plattform ist, sondern eine Community, erhält man schnell Post von anderen Kreativen und deren Freunden. Die meisten wollen Dich freundlicher Weise gegen ein gewisses Honorar fördern und unterstützen. Dabei achten sie nicht einmal darauf, ob ihr günstigstes Service-Paket sich aus der Finanzierungssumme überhaupt bezahlen ließe. Ich wollte insgesamt 2000 Euro zusammen bekommen – ab 10000 US-Dollar hätte man mich dabei gerne unterstützt.

Ein „Trick“ ist aber in gewisser Weise recht sympathisch: Wenn Dein Projekt gegen Ende der Frist schon mächtig in den Seilen hängt, kommen Kleinstbeträge von anderen Kreativen zur Unterstützung: Dadurch machen diese auf ihre Projekte aufmerksam und das Risiko, bei den symbolisch unterstützten Ideen zahlen zu müssen ist gering, denn wenn die Finanzierung fehlschlägt, zahlt niemand etwas.

5. Mehr Kommunikation schafft nicht mehr Aufmerksamkeit.

Jetzt wird es ein bisschen peinlich für mich, aber manchmal merkt man gar nicht, wie dick das Brett vor dem eigenen Kopf tatsächlich ist. Natürlich habe ich mir für die Laufzeit der Kampagne viele schöne passende Postings für meine Social Media Kanäle überlegt – diese habe ich mit einer gewissen Beharrlichkeit und hohe Dichte ausgespielt. Leider geht der Plan nur bedingt auf: Wenn Deine Beiträge von Deinen Kontakten nicht geteilt werden, schießt Du die selbe Botschaft immer wieder auf die selben Leute. Und wer nach den ersten fünf Posts noch kein Spiel bestellt hat, wird dies nach weiteren fünf auch nicht machen.

Man braucht also keinen Redaktionsplan, sondern einen Plan wie man neue Zielgruppen gewinnen kann. Ich habe es dann nach ein paar Tagen in Brettspiel-Foren und Gruppen im Internet und Facebook versucht. Dort mag man keine Neulinge, die direkt nach dem Hereinpoltern ihren Marktstand aufklappen wollen. Ich hätte vermutlich schon seit Jahren dort mitdiskutieren müssen, um mit Ideen willkommen zu sein.

Und sagt mir jetzt nicht, dass ich einfach ein paar Spiele hätte kostenlos an Influencer verteilen sollen – dafür hätte ich erst einmal ein paar Spiele haben müssen.

6. Was die Leute sagen, hat nichts damit zu tun, was die Leute machen.

Eigentlich ein Klassiker: Wenn jemand sagt „ich würde es kaufen“ wird daraus kein „ich werde es kaufen“, nur weil das Produkt nun erwerblich ist. Wer etwas „interessant“ findet, gibt dafür noch lange kein Geld aus. Das ist nicht schlimm, man muss sich dessen nur klar sein.

7. Wenn niemand Deine Idee haben will, dann ist sie nicht gut.

Klingt vielleicht hart und frustriert – aber man muss sich dieser Wahrheit stellen: Ein deutlicheres Feedback kann man sich nicht abholen, als ein Angebot zu unterbreiten, das niemand annehmen möchte. Das braucht man sich auch nicht schön reden und es einfach noch mal versuchen – so wird das nichts. Das haben wir gesehen.

So.

Falls nun aber doch jemand Lust hat – unabhängig von Kickstarter – #DASBAUSPIEL zu spielen, dann gibt es das ab sofort hier käuflich zu erwerben:

#DASBAUSPIEL kaufen

Betrag teilen in:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert