Nach außen ist es eine Konferenz mit visionären Machern, aber eigentlich ist es die perfekte Markeninszenierung für den Daimler-Konzern – ein Coup der selbst erfahrene Markenprofis beeindrucken muss.

Aber alles der Reihe nach: Die ‚me Convention‘ ist der europäische Ableger der SXSW – ’south by southwest‘ aus Austin. Nach Deutschland geholt hat sie Dieter Zetsche persönlich, indem er im Frühling 2017 nach Texas flog (dazu gab es ein lustiges Video, wie er als Flugbegleiter erzählt, worum es bei der SXSW geht) und sich dort einen Cowboyhut, Stiefel und eine eigene Convention kaufte.

Ich muss zugeben, mich vor der ‚me Convention‘ nicht wirklich mit der SXSW auseinandergesetzt habe. Hätte ich es getan, hätte ich besser einordnen können, was mich erwartet. Die ’south by southwest‘ ist Ende der 1980er Jahre von einer Gruppe Personen gestartet, die über die Zukunft der Unterhaltung(sindustrie) und Medien diskutieren wollte. Daher geht es immer um Musik, Film und interaktive Medien. Es ist also eher auch Festival als nur Konferenz.

Warum dieser historischer Ausflug? Mit diesem Vorwissen hätte ich in Frankfurt nicht so viele Fragezeichen gehabt bei diesem – wie Daimler es nennt – „internationale(n) Line-Up an Pionieren, Vordenkern, Abenteurern, Künstlern und Grenzverschiebern“.

Die vier Vorträge, die ich hören konnte, waren interessant. Sehr gut vorgetragen – ohne Frage. Ich habe auch was gelernt. Ich lerne aber auch etwas von einem guten Blog-Beitrag oder einem ansprechenden Artikel in der Zeit oder ‚Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘. Mir war aber nicht ganz klar, wer die Zielgruppe ist?

Ich sehe Leute, die sich von Konventionen verabschiedet und ausgetretene Pfade verlassen haben. Tolle Menschen – ganz ehrlich. Aber ich kann nicht tun, was sie taten und ich hecke nicht direkt eigene Projekte aus, wenn ich etwas von tollen Projekten anderer höre. Trotzdem fühlen sich alle inspiriert und das liegt daran, dass Gründer derzeit die Rockstars der Generation Golf sind. Während wir täglich wieder ins Hamsterrad steigen, um das Einfamilienhaus abbezahlen zu können, machen sie sinnvolle Sachen.

Aber für wen die „me Convention“ tatsächlich gemacht wurde, erlebte man man vor Ort: Die „me Convention“ wurde für Daimler gemacht!

Die hippe Konferenz war de facto mit dem Messestand der Stuttgarter Autobauer auf der IAA verwoben! Die Lounge der Convention war eine Art offener Balkon in der Ebene über der zentralen Präsentationsbühne – über und unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern strömte das Messepublikum zu den neuen Highlights. Wir sahen die Messebesucher und die sahen uns.

Die Botschaft war klar: Daimler hat nicht nur neue Autos am Start, sondern auch die Hippster, die die Zukunft gestalten. Man konnte das Gefühl bekommen, die Convention sei nur ein weiteres, interaktives Exponat und jeder Teilnehmer ein Werbeträger für die Innovationskraft des Konzerns.

Das klingt nun recht negativ – ist es aber nicht ganz: Ich war beeindruckt von dieser fantastischen Markeninszenierung! Ein bisschen perfide, aber grandios und ganz wie es Daimler immer wieder macht: ‚Warum sollte man sich auf einer Konferenz engagieren, wenn die Konferenz ein cooles Add-on auf meinem Messestand sein könnte?‘ mag man dort in der Marketingabteilung gedacht. „Disruptiv“ hat man beim Daimler verstanden.

Dieser Beitrag erschien zuerst unter https://anderesachen.blogspot.com/2017/09/was-ist-eine-me-convention-und-fur-wen.html

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