Obwohl man meinen könne, Kinder entwickelten einen eigenen Geschmack, ist Fleischwurst die universelle Nummer eins auf Kinder Butterstullen. Inzwischen müssen wir immer warten, bevor wir selber in den Genuss der Wurst kommen, denn Sohnemann ist ganz aus dem Häuschen sobald sein Favorit auf den Tisch kommt. Dann sind selbst Leberwurst und Leerdamer abgemeldet.
Ich glaube inzwischen auch, dass Fleischwurst die einzige Wurstware der Welt ist, für die Millionen von Kindertränen vergossen wurden – also alles andere, als ein armes Würstchen!
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen unter http://www.vatertage.net/alltag-19-fleischwurst-ist-ein-geiles-gemuese/
Petros Markaris lässt in seinen Krimis den Athener Kommissar Kostas Charitos der Leidenschaft des Lexikonlesens frönen, was diesen ein bisschen zu einer schrulligen Figur werden lässt. Ich komme wir auch schon ganz eigen vor, dass ich nach dem „Lexikon der ausgestorbenen Wörter“ und dem „Lexikon des Unwissens“ schon wieder etwas Ähnliches als Freizeit-Lektüre vorschlage, aber die Fenster der freien Zeit sind inzwischen so kurz geworden, dass sich Bücher mit Lexikon-Charakter bestens bis ausschließlich zum Füllen eignen. Diesmal haben die Gesellschaft für deutsche Sprache, die Goethe-Institute und der Deutsche Sprachrat „Ausgewanderte Wörter“ gesucht und Jutta Limbach hat für die Rückmeldungen, die in einem schmalen Bändchen versammelt wurden, als Herausgeberin fungiert. ‚Kindergarten‘, ‚Rucksack‘ und ‚Waldsterben‘ mögen einigen vielleicht recht schnell selber einfallen, aber viele andere ‚ausgewanderte Wörter‘ haben interessante Reisen mit interessanten Wendungen hinter sich. Hier meine Favoriten: „nusu kaput“ ist Kiswahili, heißt übersetzt ‚halb kaputt‘ und bedeutet Narkose. „vigec“ nennen Ungarn einen Vertreter, weil diese in der K.u.K.-Zeit an der Türe mit „Wie geht’s?“ ihr Verkaufsgespräch eröffneten. Und das „kanitzeen Boot“ ist in Afrikaans, das Boot, das man nicht sehen kann, weil es ein Unterseeboot ist. Außerdem kann man bei der Lektüre lernen, dass das russische „Butterbrot“ mit allem belegt und beschmiert sein kann, aber nie mit Butter. Warum die ausgewählten Einreichungen unkorrigiert und teilweise nicht übersetzt abgedruckt wurden, erschließt sich mir nicht, stört aber die Lektüre auch nicht sonderlich.
Es muss der Traum eines jeden Journalisten sein, die eigene Artikel-Serie eines Tages versammelt in einem Buch abgedruckt zu sehen. Nach einem kleinen Ausflug in die Blog-Welt, war es bei „Die lieben Kleinen“ von Sigrid Tinz in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) war es eigentlich nur eine Frage der Zeit. Wer einzelne Beiträge verschiedentlich herausgerissen und an verschiedenen Stellen gesammelt hatte, fand ein Buch da sicher schon kompakter und handlicher und lesefreundlicher.
Was mir besonders an den Beiträgen gefiel, ist, dass Tinz verschiedene Aspekte und Positionen unkommentiert zu Wort kommen lässt und es somit dem Leser überlässt, wofür er sich entscheiden will. So kann ein Ratgeber ganz ohne erhobenen Zeigefinger auskommen und der zentrale Ratschlag lautet: Du kannst nichts falsch machen, so lange Du Dich informierst und Dir Deine eigene Meinung bildest. Antiautoritär bedeutet eben nicht ‚laissez faire‘.
Wenn Eltern und Kind sich wohlfühlen, ist schon alles richtig.
Diese Erkenntnis beruhigt, wenn man sich fragt, warum die wo anders
empfohlene Einschlafhilfe nicht funktioniert und das Kind noch nicht
robbt, wenn andere schon krabbeln.
Die Sprache ist schnörkellos pragmatisch und gut verstehen und die 15 Themengebiete ausreichend beleuchtet. Mangelnde systematische Gliederung und ein fehlenden Stichwort-Register liegen in der Natur der Sache: Es keine Nachschlagewerk verlegt, sondern Zeitungsartikel gesammelt. Dennoch erlaube ich mir ein überschwängliches Fazit : Jede Zeit hat ihr „Erziehungs-Bibel“ – und die Tipps von Tinz haben das Zeug dazu, die unserer Zeit zu werden. Oder wie es hinten auf dem Buchumschlag heißt: „Der moderne Erziehungsberater für eine neue Elterngeneration“ – so kann es auch sagen.
Wie schon erwähnt, eignen sich Texte, die sich in kurze Sinneinheiten
gliedern, bestens als Freizeit-Lektüre für Eltern von Säuglingen und
Kleinkindern – eine Unterbrechung des Leseflusses alle paar Seiten wird
dann nicht als störend empfunden.
Seit Mitte der 90er Jahre des vorherigen Jahrhunderts sind
populärwissenschaftliche Lexika zu Themen aller Coleur sehr beliebt.
Relativ neu in diesem Reigen ist das „Lexikon des Unwissens“ von Kathrin
Passig und Aleks Scholz – beide Redakteure des Grimme-Preis-gekrönten Wissenschaftsblog „Riesenmaschine“.
Wie der Titel verrät, geht um Dinge, auf die die Wissenschaft keine
verlässliche Antwort hat. Mitunter erschreckt man, was alles darunter
fällt: Wann weiß nicht, warum Betäubungen bei Operationen funktionieren
(Stichwort: „Anästhesie“, S. 33ff), wieso wir eigentlich Gähnen
(Stichwort: „Gähnen“, S. 64ff) oder die Tatsache, dass Tesa klebt
(Stichwort: „Klebeband“, S. 93ff). Bei anderen Stichworten wundert man
sich weniger, dass Forscher darauf keine Antworten haben (z.B.
„weibliche Ejakulation“ / S. 46ff, „sexuelle Interessen“ / S. 190ff oder
„Riechen“ / S. 161).
Neben sehr viel Mathematischem und Astronomischen gibt es aber auch viele Dinge, nach die uns unsere Kinder eines Tages fragen könnten. Nach der Lektüre diese Lexikons werden wir uns bei den Antworten, warum die Blätter im Herbst bunt werden (S. 85ff) oder warum man schläft (S. 180 ff) zurückhalten – man weiß es einfach nicht.
Wenn sich schon im Alltag alles ums Kind dreht, versucht man die ein oder andere „kinderfreie“ Freizeitnische zu finden. Schnell wird man merken, dass die neue Rolle als Eltern dennoch überall durchschlägt: Zum Beispiel habe ich es seit der Geburt unseres Sohnes nicht mehr geschafft, einen längeren Roman zu lesen. Stattdessen lese ich gerne Bücher, die sich in kleinen Häppchen portioniert genießen lassen. Besonders gut gefallen hat mir in jüngsten Zeit Bodo Mrozeks „Lexikon der bedrohten Wörter“. Die Abschnitte sind kurz und knackig, lustig und lehrreich. Hier meine Medaillen-Plätze unter den bedrohten Wörter: „Backfischaquarium“ (für Mädchen-Gymnasium, S. 30), „Duttengretel“ (nach den Gebrüdern Grimm umgangssprachlich für ein wohl geformtes Frauenzimmer, S. 58), „Gabelfrühstück“ (neudeutsch: Brunch, S. 76). Nett ist auch der Verweis, dass Mayonnaise im Deutschen eigentlich „Eiertunke“ (S. 104) heißt.Alternative Vorschläge mit Begründung werden gerne in Kommentaren entgegengenommen.
Irgendwie war es wohl vorbestimmt: Wenn man Giacomo Papi heißt, muss man wohl zwangsläufig ein Papi-Buch schreiben – im vorliegenden Fall heißt es „Hallo Papa! Was Väter wissen sollten: Von der Zeugung bis zum 1001. Windel“ Die Verbindung zwischen Autoren-Namen und Thema ist dann auch schon das Originellste, was man über das Buch sagen kann. Es gibt einige gelungene Formulierungen und auch ganz stimmige Beobachtungen: „Mein persönlicher Eindruck ist, dass es Tausende schöner Namen gibt, wenn es Mädchen, und Tausende nichts sagender, wenn es ein Junge wird.“ (S. 67)Ansonsten hat man den Eindruck, dass Papi sich bemüht möglichst viele Synonyme für das ungeborene Kind zu finden – zum Beispiel „der kleine Kabeljau“ (S. 43), „der Gnomhöhlenforschrer“ sowie „der kleine Bergmann“ (beides S. 170), oder „das schwimmende Kälbchen“ (S. 183). Ob der Autor das so konsequent durchhält wie Jacques Berndorf in seiner Eifel-Krimireihe, in der dessen Hauptdarsteller Siggi Baumeister angeblich niemals zweimal die selbe Pfeife rauchen soll – habe ich weder in der Serie noch im vorliegen Fall überprüft.Eher unangenehm aufgestoßen ist mir die äußerst konservative Weltsicht des Papa-Papis: Väter sind nicht in der Lage ihren Säugling zu beruhigen (vgl. S. 106ff), ihre Teilnahme an Geburtsvorbereitungskursen ist eher aufgezwungen (vgl. S. 155f) und ein Kaiserschnitt sei keine ‚richtige‘ Geburt (vgl. S. 197). Irgendwie ist Papis Papa-Buch auch kein ‚richtiges‘ Buch – zumindest nicht für mich.
Man kann nicht wirklich behaupten, dass der Autor einen nicht gewarnt hätte: Bereits in der Vorbemerkung seines Buches „Halt mal, Schatz“ weist Jochen Malmsheimer darauf hin, dass er einiges aus anderen Programmen zweitverwertet, aber „allerdings gründlich überarbeitet“ (S. 11) habe. Besonders die Erinnerungen an die eigene Kindheit, die mathematisch 10 Prozent des Buches, aber gefühlt mindestens ein Drittel des Umfangs ausmachen, hätten auch unter anderem Titel veröffentlicht werden können. Unter diesem Eindruck kommt einem auch der Rest nicht mehr ganz so originär und auch nicht mehr ganz so originell vor.
Bei dem Autor und dem Untertitel („Alles über Planung, Kiellegung, Stapellauf und Betrieb eines Babys“) hätte man eher einen launigen Ratgeber als eine Sammlung satirischer Szenen und humoresker Gedankensplitter erwartet. Wer die Direktheit der Ruhrgebietler und z.B. den Stil von Frank Goosen (die andere Hälfte des legendären „Tresenlesen“ neben Jochen Malmsheimer) schätzt, wird trotzdem an dem Büchlein seinen Spaß haben. Ich mag es, wenn gewisse Typen passend als „kirchentagsgestählte Du-Aufzwinger“ (S. 56) bezeichnet oder als „verbrieft kinderlose Buchhändlerin (…), die mit beiden Beinen auf der Erde stand und sich dabei offensichtlich bisweilen auch noch mit den Armen abstützte“ (S. 71) beschrieben werden. Oder auch die Geschichte von Ludwig, dem Freund aus Kindertagen, der beim Cowboy-und-Indianer-Spielen in den 70ern wie im Fernsehen beim Anschleichen die Spannungsmusik gleich mitmachte, so dass er sich immer verriet (vgl. S. 236). Um den Vater-Alltag entspannter meistern zu können, taugt das Büchlein wenig – um jedoch dem Vater-Alltag ein bisschen zu entfliehen, eine ganze Menge.