Kategorie: Andere Sachen

  • Über meinen Selbstversuch, nachhaltig zu mobil zu telefonieren

    Über meinen Selbstversuch, nachhaltig zu mobil zu telefonieren

    Ich habe aufgegeben! Zugegeben: Die Idee von Fairphone ist großartig, fasziniert und reißt mit: Man kann auch Smartphone nachhaltig, sozial und ethisch produzieren! Keine menschenunwürdigen Bedingungen beim Schürfen notwendiger Spezialminerale und Erze, keine Sklavenarbeit bei der Montage und transparente Lohnstrukturen – alles Dinge, von denen die großen Produzenten sagten, man müsse sie leider in Kauf nehmen und das ließe sich nicht ändern.

    Darüber hinaus ist der modulare Aufbau eine tolle Idee: Geht es etwas kaputt oder sind andere Leistungsmerkmale gewünscht, können einzelne Komponenten ausgetauscht werden ohne gleich das ganze Gerät austauschen zu müssen.

    Genutzt habe ich das nie. Das ist so, wie die Menschen, die in der Großstadt wohnen, Dir alle Theater und Museum aufzählen, die sich so einfacher besuchen könnten, ohne in den vergangenen fünf Jahren in einem der Häuser gewesen zu sein.

    Und das alles noch per Crowdfunding finanziert. Eine wirklich tolle Geschichte, an der alles dran ist, was eine gute Geschichte braucht.
    War es übrigens beim Cargolifter auch – ein landeflächigen unabhängiges Lufttransport-System, das umweltfreundlich und sicher war. Hat nur leider nicht funktioniert.

    Community-Tipp: Lösch doch die Apps…

    Das Fairphone 2 funktioniert – im Groben und Ganzen. Auch wenn die Benutzung einen gewissen Enthusiasmus erfordert. Es gibt immer wieder Bugs, die man einfach akzeptieren muss. Aktuell lässt sich das Fairphone 2 bei Laden nicht an- und generell gar nicht wieder ausschalten. Das nennt sich dann der „never-turn-off-bug“ und wird in der Online-Community dokumentiert.

    Da muss man im Sinne einer Holschuld regelmäßig nachgucken, was mal wieder nicht funktioniert und warum. Dort sind auch alle höflich und hilfsbereit und ich glaube, es gibt kaum ein Produkt, bei dem der Support vorrangig durch die Kunden gewährleistet wird.

    Schon früh stellte ich fest, dass die Akkuleistung eher enttäuschend war. Nach gut sechs Monaten musste ich das Smartphone bis zu dreimal täglich aufladen. Es schaffte dann drei bis vier Stunden bei durchschnittlicher Nutzung.

    Hilfe kam auch hier aus der Community: Lösch doch einfach die Social Media Apps von dem Handy – das sind reine Stromfresser. Am besten wäre es, dass Phone ganz ohne Apps zu benutzen – das erhöhe die Akkulaufzeiten nachhaltig.

    Das kann es aber in modernen Zeiten nicht sein. Ich weiß, dass man ein paar Einschränkungen in Kauf nehmen muss, wenn man Gutes erreichen will. Meine Eltern haben in den 1980er Jahre schrumpeliges Öko-Gemüse in abgedunkelten Kellerläden gekauft und damit dazu beitragen, dass es überhaupt erstmal einen Nachfragemarkt nach ökologisch nachhaltigen Produkten gibt. Damals zog man als Schüler auch noch einen kratzigen Norwegerpullover an, wenn das Schaf glücklich war und Freunde ihn gestrickt hatten.

    Öko kann heute auch schick und funktional sein

    Heute geht öko und nachhaltig auch in schick und funktional. Aber das sollte es dann auch sein: Ein Android-Handy, dass immer noch auf Android 7.01 läuft, während aktuelle Modelle mit Android 9 am Markt sind, ist nun leider nicht mehr zeitgemäß.

    Mag sein, dass das Fairphone 3 mit dem großen crowdfunding Erfolg im Hintergrund alles auswetzt, wo man aktuell enttäuschen muss – aber ob ich dann wieder wechsele bleibt offen. Es ist halt immer ein gewisse Leidensbereitschaft notwendig, wenn man zu den ‚Firstmovern‘ gehören will – mag sein, dass ich mich damit wieder in Mainstream verabschiedet habe, aber es nicht immer schlimm, auch mal mit dem Strom zu schwimmen bzw. sich treiben zu lassen.

    Nachhaltig ist das Fairphone auf jeden Fall in Bezug auf die Werthaltigkeit: Gebrauchte Geräte lassen sich zu hohen Preise weiterverkaufen. So gesehen musste ich für meinen Ausflug in die Welt der nachhaltigen mobilen Telefonie nicht noch extra draufzahlen.

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter https://anderesachen.blogspot.com/2019/02/uber-meinen-selbstversuch-nachhaltig-zu.html

  • Führung: Spuroptimierer als Vorbilder?

    Führung: Spuroptimierer als Vorbilder?

    Jeder kennt die Situation: Man steht im Stau und ständig gibt es andere Fahrer, die durch ständiges Spurwechseln versuchen, sich in der Kolonne um ein paar Positionen zu verbessern. Wir versuchen ruhig zu bleiben, denn wir wissen ja, dass dieses „Kolonnenspringen“ nichts bringt. Wir denken, dass wir den Blödmann sowieso bald wieder eingeholt haben und sehen ihn dennoch nicht wieder.

    Ist Spurwechseln nun cool oder kacke? Fragen wir Google nach Studien, so gibt es in erster Linie Treffer zu Zitaten von Verkehrsexperten, die sagen, dass zahlreiche Studien gezeigt hätten, dass häufiger Spurwechsel die Fahr- bzw. Wartezeit nicht verkürze – so zum Beispiel in der Aachener Nachrichten oder dem Hamburger Abendblatt. Treffer zu diesen zahlreichen Studien gibt es nicht.

    Und dann gibt es noch die „MythBuster“, die es einfach mal ausprobiert und nachgemessen haben und durch Spurwechseln einfach schneller durch jeden Stau gekommen sind, in den sie hineinfuhren. Ist diese Art der Spuroptimierung doch die bessere um schneller voranzukommen?

    Eigentlich weisen diese Selbstoptimierer alle Eigenschaften auf, die am Arbeitsmarkt gefragt sind: Sie sind wendig, mobil, flexibel, spontan und dynamisch. Sie legen einen Zwischensprint ein um ein gutes Teilergebnis erzielen zu können und sind am Ende früher am Ziel. Also: Echte Top-Typen fürs Business.

    Am Ende sind jedoch vermutlich die Gemeinkosten höher: Häufiger Spurwechsel erhöht das Unfall- und Staurisiko. Der Verkehr läuft am besten, wenn alle gleich schnell und mit ausreichenden Abständen fahren. Muss ein Fahrer plötzlich bremsen, entstehen Welleneffekte, die Phantomstaus verursachen. Kai Nagel und Micheal Schreckenberger können das auch irgendwie berechnen.

    Und natürlich können nicht alle Verkehrsteilnehmer zwischen den Kolonnen hin- und herspringen – wie immer geht der Erfolg Einzelner auf die Kosten der Allgemeinheit. Am Ende geht den Sprintern auch die Puste aus: Sie sind im Dauerstress, was dauerhaft nicht gesund sind. Hier entstehen weiter Gemein- als Folgekosten.

    Ich werde vermutlich weiterhin Spurtreue zeigen und auch ans Ziel kommen – ein paar Minuten später, dafür aber mit deutlich besseren Nervenkostüm und dauerhafterer Gesundheit.

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter http://www.team40.org/fuehrung-spuroptimierer/

  • Abstrampeln war gestern…

    Abstrampeln war gestern…

    Ich nehme an, dass ihr die Fabel von Äsop mit den zwei Fröschen, die in die Milch fallen, alle kennt. Der Erste ergibt sich seinem Schicksal, geht unter und ertrinkt. Der Zweite strampelt sich ab und kann sich erschöpft auf einen Butterklumpen retten, den er durch das Milchtreten erzeugt hat.

    Ein schönes Bild, das häufig bemüht wird: Gib nicht auf! Strampel Dich ab! Du wirst es überleben – und am Ende liegst Du japsend auf dem Butterberg…

    Lange Zeit habe ich das auch geglaubt. Der erstrampelte Butterkloß unter den Füßen war so etwas wie ein Plateau beim fortwährenden Aufstieg, eine Zeit durchzuatmen, wieder zur Puste zu kommen, um dann den schweren Stein wieder bergan rollen zu können.

    Die Weihnachtszeit und der Jahreswechsel werden uns auch als Butter präsentiert: Es ist die besinnliche Zeit, um wieder zur Besinnung zu finden.

    Ich habe auch lange geglaubt, dass diese Metapher auch für den Lebenszyklus gelten würden. Ihr wisst schon: Die Sachen mit dem Säen und dem Ernten, dem Aufbauen und dem vor dem offenen Kamin-Sitzen… Ich dachte, irgendwann macht es ‚Plopp‘ und es geht nur noch sanft bergab durch sattgrüne Wiesen und Auen.

    Dem ist aber nicht so! Abstrampeln war gestern – jetzt heißt es Dauerstrampeln! Es gibt keine Pause, keinen Butterkloß und kein Plateau. Es wird immer schlimmer, immer steiler. Gut, dass wir schon so viele Jahre gestrampelt haben: So haben wir eine gut trainierte Beinmuskelatur und können pausenlos weiterstrampeln, um nicht unterzugehen.

    Äsop hat vor zweieinhalbtausend Jahren gelebt. Da war Milch noch Rohmilch und ließ sich durch Stampfen in Rahm und Butter verwandeln. Unsere homogenisierte, paseurisierte Milch von heute kann gestampft und gestoßen werden – außer Herumspritzen wird dabei nicht viel passieren. Das gilt auch für unsere modernes Leben: Es ist wurde ultrahoch erhitzt und zum Einheitsbrei gepresst – da kannste strampeln wie die willst, da passiert nichts.

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  • Was ist eine „me Convention“? Und für wen ist sie gemacht?

    Was ist eine „me Convention“? Und für wen ist sie gemacht?

    Nach außen ist es eine Konferenz mit visionären Machern, aber eigentlich ist es die perfekte Markeninszenierung für den Daimler-Konzern – ein Coup der selbst erfahrene Markenprofis beeindrucken muss.

    Aber alles der Reihe nach: Die ‚me Convention‘ ist der europäische Ableger der SXSW – ’south by southwest‘ aus Austin. Nach Deutschland geholt hat sie Dieter Zetsche persönlich, indem er im Frühling 2017 nach Texas flog (dazu gab es ein lustiges Video, wie er als Flugbegleiter erzählt, worum es bei der SXSW geht) und sich dort einen Cowboyhut, Stiefel und eine eigene Convention kaufte.

    Ich muss zugeben, mich vor der ‚me Convention‘ nicht wirklich mit der SXSW auseinandergesetzt habe. Hätte ich es getan, hätte ich besser einordnen können, was mich erwartet. Die ’south by southwest‘ ist Ende der 1980er Jahre von einer Gruppe Personen gestartet, die über die Zukunft der Unterhaltung(sindustrie) und Medien diskutieren wollte. Daher geht es immer um Musik, Film und interaktive Medien. Es ist also eher auch Festival als nur Konferenz.

    Warum dieser historischer Ausflug? Mit diesem Vorwissen hätte ich in Frankfurt nicht so viele Fragezeichen gehabt bei diesem – wie Daimler es nennt – „internationale(n) Line-Up an Pionieren, Vordenkern, Abenteurern, Künstlern und Grenzverschiebern“.

    Die vier Vorträge, die ich hören konnte, waren interessant. Sehr gut vorgetragen – ohne Frage. Ich habe auch was gelernt. Ich lerne aber auch etwas von einem guten Blog-Beitrag oder einem ansprechenden Artikel in der Zeit oder ‚Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘. Mir war aber nicht ganz klar, wer die Zielgruppe ist?

    Ich sehe Leute, die sich von Konventionen verabschiedet und ausgetretene Pfade verlassen haben. Tolle Menschen – ganz ehrlich. Aber ich kann nicht tun, was sie taten und ich hecke nicht direkt eigene Projekte aus, wenn ich etwas von tollen Projekten anderer höre. Trotzdem fühlen sich alle inspiriert und das liegt daran, dass Gründer derzeit die Rockstars der Generation Golf sind. Während wir täglich wieder ins Hamsterrad steigen, um das Einfamilienhaus abbezahlen zu können, machen sie sinnvolle Sachen.

    Aber für wen die „me Convention“ tatsächlich gemacht wurde, erlebte man man vor Ort: Die „me Convention“ wurde für Daimler gemacht!

    Die hippe Konferenz war de facto mit dem Messestand der Stuttgarter Autobauer auf der IAA verwoben! Die Lounge der Convention war eine Art offener Balkon in der Ebene über der zentralen Präsentationsbühne – über und unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern strömte das Messepublikum zu den neuen Highlights. Wir sahen die Messebesucher und die sahen uns.

    Die Botschaft war klar: Daimler hat nicht nur neue Autos am Start, sondern auch die Hippster, die die Zukunft gestalten. Man konnte das Gefühl bekommen, die Convention sei nur ein weiteres, interaktives Exponat und jeder Teilnehmer ein Werbeträger für die Innovationskraft des Konzerns.

    Das klingt nun recht negativ – ist es aber nicht ganz: Ich war beeindruckt von dieser fantastischen Markeninszenierung! Ein bisschen perfide, aber grandios und ganz wie es Daimler immer wieder macht: ‚Warum sollte man sich auf einer Konferenz engagieren, wenn die Konferenz ein cooles Add-on auf meinem Messestand sein könnte?‘ mag man dort in der Marketingabteilung gedacht. „Disruptiv“ hat man beim Daimler verstanden.

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter https://anderesachen.blogspot.com/2017/09/was-ist-eine-me-convention-und-fur-wen.html

  • Warum Klassentreffen doof sind

    Warum Klassentreffen doof sind

    Nachdem ich heute Vormittag gefühlt 500 Mal das Wort „Klassentreffen“ im Zusammenhang mit der re:publica in Berlin gelesen haben, muss ich mich doch glatt noch mal zu Wort melden: Klassentreffen sind kacke!

    Ganz besonders dann, wenn man nicht in dieser Klasse oder sogar nicht einmal an der selben Schule war. Dann ist mal völlig außen vor. Dann sieht und hört man nur einen Haufen lärmender, zu laut lachender, völlig unbekannter Menschen, die einander erzählen, was sie im Leben schon alles erreicht haben. Die blockieren den großen Ecktisch bei unserem Lieblings-Italiener und wir empfinden das nur noch als lästig und störend.

    Ein Treffen geschlossener Kreise – sei es ein Klassen- oder Familientreffen – wirkt auch auf Außenstehende nicht einladend. Niemand von den Insidern wird einen Outsider hineinbitten: „Es ist gerade so lustig bei uns, kommen Sie doch gerne noch dazu.“ Das ändert sich auch nicht, wenn man einige der ‚Meiers‘ kennt, aber eigentlich selber ein ‚Müller‘ ist.

    Blöd auch, wenn man immer in der b war, aber die a immer viel cooler war. Dann kennt man die alle noch, gehört aber nie wirklich dazu. Trotzdem darf man zuhören, was sie im Leben schon erreicht haben. Und wenn die aus der a am großen Ecktisch sitzen, bleiben die aus der b zuhause.

    Viele Menschen fühlen sich aber auch nicht einmal auf dem Treffen ihrer eigenen Klasse wohl. Eine Schulklasse ist ja auch keine Clique. Man hat nicht zu einander gefunden, weil man sich mag oder weil man gleich Hobbys hatte. Die Schulverwaltung hat die Klasse zusammengestellt – das einzig Verbindende: Der Wohnort und ein ähnliches Lebensalter.

    Da mag man sich als Schüler in einem Klassenverband zusammenzuraufen, aber als Erwachsene muss da nicht mehr mitmachen. Jetzt kann man Menschen aus dem Weg gehen, die man früher schon blöd fand. Man muss sich auch keine endlosen Erfolgsgeschichten anhören und es gibt auch keinen Notenspiegel unter der eigenen Arbeit mehr.

    Es mag nicht jeder in der Schulklasse doof gewesen sein, aber Freunde kann man auch so mal auf ein Bierchen treffen.

    Es mag sein, dass die re:publica ein ‚klasse Treffen‘ ist, aber hört auf, ständig vom „Klassentreffen“ zu sprechen.

    Ansonsten behält Gültigkeit, was ich bereits vor vier Jahren zum Treffen der ‚Digitalen Avantgarde‘ schrieb und bleibe der ewige Sitzenbleiber aus der b.

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter https://anderesachen.blogspot.com/2016/05/warum-klassentreffen-doof-sind.html

  • Autofahren ist eigentlich irrational

    Autofahren ist eigentlich irrational

    Wenn man an Menschen denkt, die Angst vor dem Autofahren haben, kommt man nicht umhin ihnen in ihrer Sorgen eigentlich recht geben zu müssen: Wie bekloppt muss man eigentlich sein, dass man Auto fährt?

    Autofahren ist zunächst nichts anderes als eine Wette darauf, dass ausreichend viele Verkehrsteilnehmer sich an die Regeln halten. Niemand ist in der Lage das Verkehrsgeschehen vollumfänglich zu überblicken. Man muss auf das wahrscheinliche Verhalten Wildfremder hoffen. Kein rational denkender Mensch würde dies tun. Erfahrene Projektleiter müssten an den Unwägbarkeiten des Straßenverkehrs verzweifeln und Kontrollfreaks wäre die Benutzung von Autos geradezu unmöglich.

    Dass dennoch so viele Menschen Auto fahren, zeigt doch nur, wie unbekümmert sie sind oder wie wenig sie darüber nachgedacht haben. Oder dass sie einfach darauf angewiesen sind. Es zeugt von einem tiefen systemischen Vertrauen.

    Aber ein Vertrauen worauf? Letztendlich doch nur ein Vertrauen darauf, dass es funktioniert und meistens doch noch gut gegangen ist. Denn jeder weiß, dass im Straßenverkehr nichts fließen würden, wenn sich alle exakt an die Regeln hielten. Das System funktioniert nur, weil sich nicht alle daranhalten. Diese Unschärfe ist kalkuliert, aber nicht kalkulierbar. Damit sind nicht unverantwortungsvolle Verkehrsrowdys gemeint, sondern das Fahren „bei Gelb“, der Hauch einer Geschwindigkeitsüberschreitung im fließenden Verkehr.

    Es funktioniert also nur, weil unsere Steuerung „fuzzylogic“ ist. Es kann eben manchmal sinnvoll sein, auf seine Vorfahrt zu verzichten, damit der Transporter von der Kreuzung kommt und alle schneller weiterfahren können oder das Tempolimit nicht voll auszureizen.

    Und nun kommt ein autonomes Fahrzeug dazu. Ich stelle es mir komplex genug vor, es mit den geltenden Verkehrsregeln zu füttern und zu programmieren. Damit es aber sinnvoll im Verkehr mitfließen kann, muss es nicht logisch oder „fuzzylogic“ agieren und reagieren. Der Verkehr ausschließlich autonomer Fahrzeuge käme vermutlich recht schnell zum Erliegen.

    Beim Fraunhofer IAO fragt man sich, wie sich ein autonomes Fahrzeug mit einem Menschen verständigen könnte, zum Beispiel wenn dieser an einem Zebrastreifen steht, aber dem Auto signalisiert es müsse nicht anhalten und könne weiterfahren. Man spricht hier von Grauzonen des Regelwerks. Ich persönlich finde es spannend, wie das autonome Automobil antwortet. Denn wenn die Mensch-Maschine-Kommunikation verständigungsorientiert und erfolgreich sein soll, muss das Auto auch Antworten geben können, die der Mensch versteht. Ich bin mir nicht sicher, dass es wie Siri sprechen wird. Projektion und Licht sind hierbei interessante Ansätze – es müsste idealiter allgemeinverständlich sein.

    Ich glaube, dass diese neuen Formen der Mensch-Maschine-Kommunikation einer der aktuellen Mega-Trends der Digitalisierung ist, wie es in meiner Liste der aktuellen Trends Anfang des Jahres als „Trend Nr. 5“ erläutert habe.

    Ich werde mich weiterhin der Herausforderung Straßenverkehr stellen – auch wenn ich weiterhin denken werde, wie bekloppt muss ich sein, meine Gesundheit in die Hände von anderen zu legen. Total irrational. Sind doch nur Irre unterwegs – egal ob autonom oder nicht.

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter https://anderesachen.blogspot.com/2016/04/autofahren-ist-eigentlich-irrational.html

  • Schlipslosigkeit als Statement

    Schlipslosigkeit als Statement

    Der Stoff um den Hals ist mir schon länger ein Dorn im Auge – aber eigentlich ist es nicht die Krawatte deretwegen ich eine selbige habe, sondern deren Abwesenheit. Ich habe nichts gegen offene Hemdkragen – weder privat noch im beruflichen Umfeld. Mich stört nur das reflexartige, unreflektierte Ablegen, sobald der Vorstand die Schlinge um den Hals als das männliche Machtsymbol nicht mehr zur Schau stellt.

    Auslöser der aktuellen Auslassungen war die Meldung, dass der Conti-Vorstand als Zeichen der Flexibilität der Krawatte abschwöre.

    Die Botschaft ist klar: Seht nur, wir machen uns mit der Belegschaft gemein. Wir sind einer von euch: Wir sind nicht mehr formal, sondern ‚easygoing‘, absolut ‚Silicon Valley‘ und startuppig, was das Zeug hergibt. Kaum fällt der Binder beim Top-Management, kaskadiert die Krawattenlosigkeit durch das Unternehmen: Niemand möchte mehr etwas baumeln haben, wo die Leitung Halsfreiheit hat.

    Dabei ändert sich auch ohne Schlips nichts. Es wird weiterhin nur für das eigene (Sand-) Kästchen innerhalb der Organigramms gedacht, nicht über den Tellerrand geguckt und der Silo versiegelt, damit das Denken diesem nicht entweichen kann. Ein reines Lippenbekenntnis, das aus Weglassen besteht. Man sollte meinen, weniger sei mehr, aber hier ist mehr oder weniger, weniger gar nichts. Alles bleibt wie es ist nur ohne Schlips.

    Hat man ernsthaft geglaubt, dass man die negativ besetzte Bezeichnung „Schlipsträger“ dadurch los wird, dass man keinen Schlips mehr trägt? Es geht dabei um Haltung. Und die lässt sich nicht Ablegen wie Stück Stoff. Ein verbohrter Machtmensch bleibt ein verbohrter Machtmensch, egal was er um den Hals trägt oder nicht.

    Für mich die Schlipslosigkeit kein Statement und ich schließe mich dem Trend auch nicht aus Bequemlichkeit an – ganz im Gegenteil: Je mehr das Ablegen von Krawatten nur eine inhaltsleere, symbolische Handlung ist, desto eher trage ich ganz bewusst wieder Binder, um mich von den schlipslosen „Schlipsträgern“ durch das Tragen eines Schlips abzuheben.

    Und wenn man dann eines Tages über die Entscheider und Führungskräfte nicht mehr abfällig als „Schlipsträger“, sondern „offene Hemdkragen“ spricht, dann trage ich Krawatte und zeige, dass ich nicht dazugehöre.

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter https://anderesachen.blogspot.com/2016/03/schlipslosigkeit-als-statement.html

  • Ärsche fahren Audi

    Ärsche fahren Audi

    Langjährige empirische Studien als Verkehrsteilnehmer (in einem wackeren, aber altersschwachen Opel) haben ein klares Ergebnis zu Tage befördert: Die Ärsche fahren Audi!

    Die süddeutsche Marke des Wolfsburger Konzerns hat sich vom Rentner-Mobil mit Hut auf der Ablage zur Drängler-, Huper-, Schneider-Marke gemausert. Das alte Negativ-Image ist man damit auf jeden Fall los.
    Sagte man früher Mercedes nach, dass die Fahrzeuge „eingebaute Vorfahrt“ hätten, wird diese heute bevorzugt von Audis eingefordert. Sehe ich die vier Ringe auf der Autobahn im Rückspiegel, versuche ich die Bahn möglichst freizumachen, denn direkt nach der Lichthupe wird an meinen Kofferraum angedockt und nach dem erzwungenen Überholen wird vor mir abgebremst, damit mir klar ist, wer die Nase bzw. Schnauze nun vorne hat.
    Was unser einer im dichteren Verkehr als Sicherheitsabstand zum Vordermann betrachtet, ist für einen Audi-Fahrer die Lücke, die extra für ihn und sein Ego freigehalten wurde.

    Wenn die Linksabbieger-Spur leer ist, wird ein Audi auf ihr entlang schießen und am Spurende sich geradeaus wieder in den Verkehr zwängen. Alle anderen waren ja auch zu dumm, diesen kleinen Trick anzuwenden.
    Range Rover lagen auch nicht schlecht im Ranking der arschigen Fahrer – aber da kam ein Audi von hinten, hat mit 160 Lichthupe in der 30er Zone gesetzt und sich noch schnell vorgedrängelt. Gratulation!

    Es war auch klar, dass Fahrzeuge aus dem Premium-Segment auf Liste der Arschgeigen die Nasen vorne haben würden: Denn sie wissen, dass sie fahren können, wie sie wollen, denn die alten, abbezahlten und abgewrackten Autos werden immer ausweichen. Für uns Fahrer von Klapperkisten sind Unfälle wirtschaftliche Totalschäden, während der Boliden-Brauser einfach bei seiner Versicherung noch ein bisschen drauflegt und entstand den Ersatzwagen least.

    Ein Hinweis für alle beleidigten Audi-Fahrer:
    Bitte aufmerksam lesen! Ich habe nicht gesagt, dass alle Audi-Fahrer Ärsche sind, sondern nur dass rüpelhafte Autofahrer sich scheinbar gerne Audis zulegen. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Ich kenne auch viele Audi-Fahrer und -Fahrerinnen, die sich durchaus an die Verkehrsregeln halten.

    Dieser Beitrag ist zuerst erschienen unter https://anderesachen.blogspot.com/2015/12/arsche-fahren-audi.html

  • BASE ist beleidigt

    BASE ist beleidigt

    Wenn man beim Mobilfunkanbieter BASE kündigt, dann nimmt er das sehr persönlich. Es setzt eine Flut von Rückrufen an, die man nie bestellt hatte. Man muss sich über und über erklären und wenn man bittet, nicht mehr kontaktiert zu werden, wird man noch angepöbelt – ist ja egal der Kunde hat ja sowieso schon gekündigt… So wird das nichts, BASE!

    Es hätte alles ganz geordnet ablaufen können: Nach reiflichen Überlegungen habe ich mich aus persönlichen Gründen entschlossen nach gut 15 Jahren bei e-plus und BASE meinen Mobilfunkvertrag zu wechseln. Als kündigte ich fristgerecht und begründet meine Entscheidung darin auch ausreichend und klar. Ich sagte auch, dass ich immer zufrieden gewesen sei, es nicht am Netz, nicht am Service, nicht am Preis liege, sondern ich meine Telekommunikationsaktivitäten bündeln wolle – insbesondere, weil es nun für Festnetz und TV-Kunden beim magentafarbenene Riesen aus Bonn ja nun auch Rabatte beim Mobilfunk gebe, die ich mir ja auch gewünscht hatte. Die letzten Details schrieb ich nicht, aber das ja auch egal sein.

    Mit Nachfragen hatte ich gerechnet, mit Lockangeboten um vielleicht doch noch zu bleiben auch. Also habe ich den ersten Rückruf von BASE angenommen und es noch mal erklärt. Dann habe ich es dem zweiten, dritten, vierten und fünften Anrufer von BASE wieder und wieder erklärt. Jedes mal ruhig, denn die Kollegen machen auch nur ihren Job.

    Seit gut einer Woche erhalte ich täglich mehrere Anrufe von BASE – immer im Abstand von gut zwei Stunden. Da ich berufstätig bin, im Büro keinen Handy-Empfang habe (könnte am Netz liegen), Auto fahre oder mich um meine Kinder kümmere, habe ich die meisten Anrufe mit unbekannten 0177-Nummern einfach nicht entgegennehmen können. Die letzten drei Tage habe ich diese bewusst ignoriert.

    Gestern wollte ich es beenden. Ich nahm einen der Anrufe an und erklärte mich wieder freundlich, lehnte das iPhone 6 und die Halbierung meines Tarifes ab und bat die Dame meine Nummer auf „nicht mehr anrufen zu setzen“. Dies bestätigte Sie mir. Heute Morgen gingen die Anrufe weiter.
    Genervt nahm ich ab. Ich erklärte, dass ich darum gebeten habe, mich nicht mehr zu kontaktieren. Das könne er ja nicht wissen, sagte der Anrufer von BASE. Er wolle mir nun ein iPhone 6 anbieten und meinen Tarif halbieren. Ich sagte, das hätte ich mehrfach bereits abgelehnt und ich wolle nicht mehr vom Call-Center angerufen werden. Ich hätte wohl keine Ahnung beschied er mir, denn er rufe ja nicht aus einem Call-Center, sondern aus der „Zentrale“ an, beschied er mir.

    Ich sagte, es mir egal, wo er sitze, ich wolle nicht mehr angerufen werden und hätte das bereits vermerkt. Der Vermerk sei irrelevant, denn der Datenschutz verbietet, das weiterreichen solcher Daten. „Kennen Sie den Begriff ‚Datenschutz‘? Haben Sie davon schon mal gehört? Soll ich Ihnen Da-Ten-Schutz erklären?“ Provokation ist ein probates Mittel, um Kunden zurückzugewinnen. Leider platzt mir bei so viel Unverschämtheit und Unprofessionalität die Hutschnur. Für mich ist das eine Art von Anpöbeln. Als ich mich anfing mich aufzuregen, wurde nur gelacht. Ich habe aufgelegt und die Nummer in meinem Handy blockiert.
    Anfänglich hatte ich geschrieben, dass ich bisher mit allem zufrieden gewesen sei. Nun habe ich einen triftigen Grund gekündet zu haben und fühle mich in meiner Entscheidung bestärkt. Auf mich macht der BASE Vertrieb den Eindruck einer schmierigen Drückerkolonne die einem erstmal den Fuß in den Türspalt drückt.

    Und falls die Telekom mitliest: Kommt mir irgendwann nicht blöd, falls ich auch mal bei euch kündigen sollte. Soviel schon mal vorab.

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  • Drei Schuss – ein Treffer: DHL sucht Düsseldorf

    Drei Schuss – ein Treffer: DHL sucht Düsseldorf

    Logistik ist bestimmt kein Zuckerschlecken. Und ich weiß nicht, ob ich die Paketzustellung besser organisiert bekäme. Aber das ist vermutlich auch der Grund, warum ich mich auf diesem Feld nicht als Anbieter versuche. DHL hingegen nennt sich selber den Marktführer und man sollte meinen, dass sie dann ihr Handwerk auch verstünden. Doch: Weit gefehlt! – zumindest bei den jüngsten Zustellversuchen. Man könnte auch sagen: Ziemlich genau um 1300 Kilometer verfehlt! Denn die Lieferung wurde in Norwegen anstatt in Düsseldorf zugestellt… Begründung: Keine.

    Der Rahmen dieser misslichen Anekdote ist recht schnell erzählt: Ich kaufte mir ein kleines Notebook, das putzig blau und vom Format her so ein Mittelding ist. Es kam ganz ungeschützt zu mir. Also brauchte ich ein Laptop-Täschchen. Amazon bietet da ein Fülle von Produkten an, aber eines gefiel mir besonders, denn es war in Bezug auf Farbe und Größe maßgeschneidert für mein Gerät. Der Anbieter saß in den USA, die Abwicklung erfolgte über Marketplace. Der Preis: 11,90 Euro. So weit, so gut.

    Sendungen aus den USA ohne besondere Priorität dauern ein Weilchen um dem nervösen Kunden steht das Trackingsystems des Versenders zur Verfügung um etwaige Ungeduld im Zaume zu halten. Mein Lieferung nährte sich Europa, kam noch näher, war fast da – und bog dann steil gen Norden ab und wurde am 22. April um Mitternacht in Norwegen zugestellt bzw. am 20. April um 08.35 Uhr – da ist sich das Trackingsystem auch nicht ganz einig.

    Man sollte meinen, dass es in Norwegen auch Ortschaften gäbe, aber aus US-amerikanischer Sicht ist „Norway“ bestimmt schon „pretty much D?sseldorf – Europe at least…“ Hey, und zwischen Bismarck in Norddakota und Bismarck in Arkansas liegen schließlich auch gut 2000 Kilometer und da kann man sich ja mal eher vertun.

    Die Rückfrage ergab, dass mit der erfolgreichen (!) Zustellung, der Paket-Lieferant aus der Verantwortung für die Sendung sei: Ich möge alles weitere mit dem Absender klären. Dem war das völlig unverständlich, er entschuldigte sich und schickte sofort die bestellte Ware erneut raus und ich bekam einen neuen Tracking-Link. Diesel wurde es heißer, es sah richtig gut aus, aber dann wurde die Lieferung im Kopf des Tracking-Tools klar mit „D?sseldorf, GERMANY“ adressiert war, in der Region München zugestellt. Warum? Niemand wusste es.

    Der Service der DHL in Deutschland erklärte mir, man habe mit den Sendungen aus den USA nichts zu tun, dass müsse mit dem Kundenservice in den USA geklärt werden – ganz so, als wäre DHL USA eine ganz eigene Firma, die mit eigenen Mitarbeitern und Fahrzeugen die Pakete in Deutschland zustellte. Ich vermute eher, dass hier die Kolleginnen und Kollegen der Mutter auch noch ihre Hände im Spiel haben.

    Der Kundenservice in den USA war extrem freundlich und sehr besorgt um meine Zufriedenheit. Er werde alles tun, um dieses Missgeschick aufzuklären. Eine „Sheena“ erklärt mir, dass „zugestellt“ im Trackingtool noch lange nicht „zugestellt“ meint: „After further research, the delivered status that this package is currently in means it was delivered to a DHL terminal in Munich. This package is still in route to the final destination in DUSSELDORF, Germany.“

    Aha.

    Auch nach einer gewissen Schamfrist ist das Tracking unverändert. Dazu „Sheena“: „The recipients address listed  on the shipping label which was provided by your seller is Packstation 108-49751501, Dusseldorf,40470, Germany. DHL eCommerce apologizes for any inconvenience that may have occurred as a result of the package being delivered to the Munich Area, Germany instead of Dusseldorf, Germany. To resolve this matter, please contact your seller.“

    Ganz klar Sache: Mit dem Haken „zugestellt“ endet scheinbar die Verantwortung des Paketlieferanten – ganz egal, WO er die Lieferung zustellt. Die Lieferung auf Übersee zu verklappen wäre demnach genauso „zugestellt“, wie das Abgeben bei den Nachbarn.

    Ich bewunderte fast meinen unerschütterlichen Verkäufer, der sofort und anstandslos die bestellte ein drittes Mal in Karlifornien mit DHL auf die Reise schickte. Inzwischen vermuteten wir, dass es vielleicht an der Packstation-Adressierung liegen könnte, die Amazon als bevorzugte Lieferadresse an den Marketplace Partner übermittelt hatte. Der dritte Versuch ging an die Wohnanschrift – und kam prompt an.

    Eins von Drei ist keine schlechte Quote – wenn man Lose zieht. Ich bin eher geneigt DHL einen gut Schluck aus der Zielwasser-Pulle anzubieten, damit sie das nächste Mal besser treffen. Ich frage mich auch, ob mein Geld in Post-Aktien gut angelegt war: Wer Düsseldorf erst nach drei Anläufen finden kann, hat eine Menge Aufwand um eine Ware im Wert von 11,90 Euro an den Mann zu kriegen. Dabei kann keine wirklich große Dividende abfallen…

    Dieser Beitrag erschien zuerst unter https://anderesachen.blogspot.com/2015/07/drei-schuss-ein-treffer-dhl-sucht.html